Erfurter Bischof Joachim Wanke wird 70 Jahre alt

Wegweisender Seelsorger

Er ist einer der profiliertesten und dienstältesten Bischöfe Deutschlands. Seit über 30 Jahren steht Joachim Wanke an der Spitze des heutigen Bistums Erfurt. Ein Höhepunkt seiner Amtszeit wird der Papstbesuch in Thüringen werden, von dem er sich erhofft, dass er den neuen Bundesländern helfe, "aus der geistlichen Verengung ein Stück weiter herauszukommen". Am Mittwoch feierte Wanke seinen 70. Geburtstag.

 (DR)

Am 26. November 1980 hatte der damalige Berliner Bischof und heutige Kölner Kardinal Joachim Meisner Wanke in Erfurt die Bischofsweihe gespendet, damit er Bischof Hugo Aufderbeck als Weihbischof in der Leitung des damaligen Bischöflichen Amtes Erfurt-Meiningen unterstützen konnte. Als Aufderbeck knapp zwei Monate später starb, kam Wanke mit 39 Jahren an die Spitze der Erfurter Ortskirche.



Das erste Jahrzehnt seiner Amtszeit verbrachte der in Breslau geborene und in Ilmenau aufgewachsene Beamten-Sohn unter der Herrschaft der SED. Bischof sein in der DDR - das bedeutete nach Wankes Worten vor allem, die katholische Minderheit in der "doppelten Diaspora" zwischen Protestanten und Atheisten zusammenzuhalten. Ein Wirken über die Kirchenmauern hinaus in die - staatlich verordnete - atheistische Gesellschaft war kaum möglich.



Dennoch rief Wanke immer wieder dazu auf, auch in dieser Situation "das Evangelium auf mitteldeutsch zu buchstabieren". Mit der Bibel befasste er sich auch wissenschaftlich, war er doch vor seiner Bischofsweihe Professor für Exegese des Neuen Testaments am Philosophisch-Theologischen Studium in Erfurt, der einzigen akademischen Ausbildungsstätte für Priester in der DDR.



Das Jahr 1989 erlebte der Bischof als Befreiung aus jenem "Getto", das die SED-Diktatur den Christen zugedacht hatte. Er appellierte an die Kritiker der Wende, das "Geschenk der Einheit und der neuen Freiheit dankbar anzunehmen". Zugleich bemühte er sich, den von vielen Ostdeutschen als "Schock" erlebten Verlust vertrauter Lebensumstände im Westen verständlich machen.



Dem unverwechselbaren Beitrag der Kirche auch in der pluralistischen Gesellschaft Gehör zu verschaffen, ist Leitmotiv in Wankes Wirken. Vor allem Ostdeutschland brauche dazu eine "Missionskirche in neuzeitlicher Gestalt", betont er. Es müsse ihr gelingen, "aus dem Glaubenserbe ein neues Angebot für die Menschen werden zu lassen". Wenn die Christen sich verstärkt anderen zuwendeten, werde auch ihre Botschaft glaubwürdig.



Durch unkonventionelle pastorale Angebote macht der Bachliebhaber von sich reden. Sie sollen fern Stehenden den Weg in die Kirche leichter machen. Mit ihnen feiert er an Heiligabend ein "Mitternächtliches Weihnachtslob" im Erfurter Dom, und in seiner Bischofskirche wird ungetauften Jugendlichen auch eine "Feier der Lebenswende" als Alternative zur "Jugendweihe" angeboten.



In Wankes seelsorgliche Kompetenz setzen auch seine Amtsbrüder großes Vertrauen: Von 1998 bis 2010 leitete er die Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz. Seine Fähigkeit zum Ausgleich der Interessen bewies Wanke zudem in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), deren Vorsitzender er viele Jahre lang war.



Ein Mahner in politischen Debatten

Auch in die politischen Debatten schaltet sich der Erfurter Bischof immer wieder ein. So fordert er, dass Europa im Dialog mit anderen Kulturen am christlichen Menschenbild als seinem prägenden Fundament festhalten müsse. Sein besonderes Talent, die christliche Botschaft pointiert auf den Punkt zu bringen, kommt ihm bei seinen öffentlichen Auftritten zu Hilfe.



Spätestens beim Papstbesuch unter anderem im Bistum Erfurt wird Wanke im September wieder im Rampenlicht stehen. Er rechnet mit großem internationalem Medieninteresse am Treffen des Papstes mit Spitzenvertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am 23. September in Erfurt. "Die Bilder aus dem Augustinerkloster werden um die Welt gehen", sagte er am Dienstagabend beim Medientreffpunkt Mitteldeutschland in Leipzig. Der Papstbesuch auch in Thüringen helfe den neuen Bundesländern, aus der geistlichen Verengung ein Stück weiter herauszukommen, sagte Wanke. Auch zwei Jahrzehnte nach dem Fall der Mauer sei der Osten Deutschlands noch "weltanschaulich verarmt".



Benedikt XVI. zollte Wanke bereits zum silbernen Bischofsjubiläum hohe Anerkennung: "Deinen Einsatz halte ich für um so lobenswerter, als Deine apostolische Aufgabe unter den ungünstigen Umständen jener Zeit durch viele Schwierigkeiten behindert wurde", schrieb der Papst in seiner Glückwunschbotschaft mit Blick auf Wankes Jahre als Bischof in der DDR.