Debatte über papstkritische Äußerungen des Reformators sorgt für Missstimmung

Luthers langer Schatten

Eine Debatte über papstkritische Äußerungen von Reformator Martin Luther sorgt für Missstimmung zwischen den Kirchen in Deutschland. Die Protestanten wollen sich nicht, wie vom Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller gefordert, offiziell von den Worten Luthers distanzieren.

Ökumene-Bischöfe: Gerhard Ludwig Müller und Friedrich Weber (KNA)
Ökumene-Bischöfe: Gerhard Ludwig Müller und Friedrich Weber / ( KNA )

Der Braunschweiger Landesbischof Friedrich Weber, der Catholica-Beauftragter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) ist, sagte am  am Dienstag , aus evangelischer Sicht sei das Thema längst "erledigt".



Müller, der auch Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz ist, hatte in der vergangenen Woche mit Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 in einem Interview gefordert, die Protestanten sollten sich von der Behauptung Luthers distanzieren, dass "der Papst der Antichrist" sei. Mit diesen Worten "sollte die katholische Kirche in ihrem sakramentalen Selbstverständnis getroffen sein. Das kann man nicht als zeitbedingte Polemik abtun", so Müller.



Weber hob hervor, die "polemische Äußerung der Reformationszeit" sei "schon von Zeitgenossen Luthers, von anderen Reformatoren, als unangemessen und übertrieben kritisiert" worden. 1984 habe die erste bilaterale Arbeitsgruppe von VELKD und katholischer Kirche festgehalten, "dass das Papstamt damit nicht getroffen sei". Die Kirchenleitung der VELKD habe sich diese Stellungnahme zu eigen gemacht, und auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) habe wenige Jahre danach eine gleichlautende Erklärung verfasst.



"Nicht nationalistisch oder heroisch"

Weiter meinte Weber, der 500. Jahrestag der Veröffentlichung der Ablass-Thesen Luthers, der als Beginn der Reformation gilt, sei für die evangelischen Christen "ein wichtiges Datum, dem wir selbstverständlich angemessen gedenken werden". Es dürfe aber "nicht nationalistisch oder heroisch" begangen werden. Luther habe 1517 ein neues Verständnis der Buße als Weg in die Freiheit beschrieben. "Der Mensch hat damals die Autonomie des Glaubens gefunden und sich von autoritären Strukturen der damaligen Kirche befreit."



Auf diese Erkenntnisse der Reformation habe sich auch der Erneuerungsprozess der EKD unter dem Leitwort "Kirche der Freiheit" bezogen, so der Braunschweiger Landesbischof weiter. "Vielleicht hat unsere Betonung der Freiheit andere Kirchen irritiert, weil sie den Eindruck hatten, als würde die evangelische Kirche mit diesem Gedanken ein Privileg reklamieren." So sei der Reformprozess "aber natürlich nie gemeint" gewesen.