Hunderttausende feiern in Polen

Zwei Patronatskirchen

Hunderttausende Polen haben im Heimatland von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) dessen Seligsprechung gefeiert. In zahlreichen polnischen Städten verfolgten sie auf Großleinwänden die Direktübertragung der Zeremonie aus dem Vatikan und nahmen auf öffentlichen Plätzen an Gottesdiensten teil.

 (DR)

Für diesen Tag hat Weihbischof Jozef Zawitkowski (72) extra ein Loblied auf Johannes Paul II. geschrieben. Der Refrain lautet "Johannes Paul, komm jetzt". Als Melodie dient ein bekanntes polnisches Kirchenlied. Nun - am Tag der Seligsprechung - wird es vielerorts in Polen gesungen. Besonders in Krakau, der einstigen Bischofsstadt des Wojtyla-Papstes.



Hier ist der Jubel über die Seligsprechung des Landsmanns am größten - trotz schlechten Wetters. Im Regen versammeln sich vor dem Heiligtum der Göttlichen Barmherzigkeit im Vorort Lagiewniki 120.000 Menschen zu einer Dankmesse für die Erhebung zu Ehren der Altäre. Der Höhepunkt: Mit einer feierlichen Prozession wird eine Blutreliquie von Johannes Paul II. zum Altar des Heiligtums gebracht.



Die Ausstellung des Papstblutes war eine Überraschung; das südpolnische Erzbistum kündigte sie erst am Vorabend an. Ursprünglich sollte die Reliquie erst am 11. Juni gezeigt werden.

Dann soll sie im Johannes-Paul-II.-Zentrum, direkt neben dem Heiligtum, in den Altar der Unterkirche eingefügt werden. Das Blut war dem schwerkranken Papst mit Blick auf eine mögliche Transfusion kurz vor seinem Tod abgenommen worden. Zu der Infusion kam es jedoch nicht mehr.



Von dem riesigen Zentrum mit dem Spitzennamen "Papststädtchen", steht kaum mehr als der Rohbau. Es soll der wichtigste Gedenkort für den neuen Seligen werden; hier soll auch die Platte des bisherigen Papstgrabes in den Grotten des Petersdoms ausgestellt werden. Das Grab von Johannes Paul II. war am Freitag geöffnet worden; im Zuge der Seligsprechung erhält der Papst in einer Kapelle des Petersdoms eine neue Ruhestätte.



Selbst Ministerpräsident Donald Tusk, der sich in der Vergangenheit schon mit Bischöfen angelegt hatte, zeigte sich erfreut über die Seligsprechung. Er nahm an den Feierlichkeiten in Wadowice teil, der Geburtsstadt des Papstes. "Ich kenne niemanden in Polen - und ich kenne Tausende Leute - der Johannes Paul II. nicht lebenslang dankbar war", so Tusk. Tatsächlich lobten in Interviews auch Spitzenvertreter der polnischen Protestanten und Juden den früheren Papst sehr.



Für 93 Prozent seiner Landsleute ist Johannes Paul II. eine moralische Autorität, wie eine am Wochenende veröffentlichte Umfrage ergab. Ebenso viele sagten, dass die Seligsprechung für ihr Land ein "wichtiges Ereignis" sei. 60 Prozent haben der Umfrage zufolge dafür gebetet, dass Karol Wojtyla zu Ehren der Altäre erhoben wird. 55 Prozent erklärten, sie hätten ihn bereits vor der Seligsprechung um Hilfe in eigenen Angelegenheit angerufen.



Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Johannes Paul II. einer der wichtigsten Patrone des Landes wird. Dabei ist die Konkurrenz eigentlich groß: Es gibt rund 30 polnische Heilige und weit über 200 Selige. Der Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz, der lange Jahre Sekretär des polnischen Papstes war, hält den neuen Seligen für einen "Pfeiler des polnischen Glaubens" neben dem Nationalheiligen Stanislaus.



Folgerichtig erhielten bereits am Sonntag die ersten zwei Kirchen in Polen Johannes Paul II. als Patron. Eine Pfarrei in der Kreisstadt Nowy Targ südlich von Krakau gab ihrer 2006 geweihten Kirche feierlich seinen Namen, ebenso eine Dorfkirche im Erzbistum. Üblicherweise werden Kirchen nach Heiligen benannt; Kardinal Dziwisz stimmte allerdings zu, dass die Gotteshäuser schon jetzt nach dem neuen Seligen benannt werden. Landesweit haben für die kommenden Wochen und Monate mehrere weitere Pfarreien diesen Schritt angekündigt.