Papst Johannes Paul II. seliggesprochen

Ein Fest des Glaubens

Papst Johannes Paul II. ist offiziell als Seliger der katholischen Kirche anerkannt. Sein Nachfolger Benedikt XVI. erhob ihn am Sonntagvormittag bei einer Festmesse auf dem Petersplatz zur Ehre der Altäre. "Der Diener Gottes Johannes Paul II., Papst, darf ab sofort Seliger genannt werden", sagte Benedikt XVI. in der feierlichen Proklamationsformel.

 (DR)

Als Festtag bestimmte er nach den Normen des Kirchenrechts den 22. Oktober, den Jahrestag des Amtsantritts des Wojtyla-Papstes im Jahres 1978. Zuvor hatte Roms Kardinalvikar Agostino Vallini Benedikt XVI. nochmals um die Seligsprechung des polnischen Papstes gebeten und dessen Lebenslauf verlesen. Unter den Applaus der mehreren hunderttausend Teilnehmer wurde dann das Bild des neuen Seligen an der Fassade des Petersdoms enthüllt. Es zeigt eine Aufnahme des neuen Seligen aus dem Jahr 1995.



Unterdessen wurde eine Blutreliquie von Johannes Paul II. in einem wertvollen Behälter zum Papstaltar gebracht. Getragen wurde sie von der polnischen Schwester Tobiana, die den Papst viele Jahre lang als Haushälterin und Krankenschwester betreute, sowie von der französischen Ordensfrau Marie Simon-Pierre Normand. Ihre medizinisch nicht erklärliche Heilung von der Parkinson-Krankheit war vom Vatikan als ein "Wunder" auf Fürsprache von Johannes Paul II. anerkannt worden. Das Blut war in der letzten Lebensphase des Wojtyla-Papstes von den Ärzten für den Fall einer eventuellen Transfusion abgenommen, dann aber nicht mehr verwandt worden.



Zu der Zeremonie trug Benedikt XVI. Paramente seines Vorgängers. Sowohl das Messgewand wie auch die Mitra hatte Johannes Paul II. häufig bei liturgischen Feiern benutzt. Zudem feierte Benedikt XVI. die Messe mit dem Kelch des neuen Seligen. Konzelebranten waren neben den anwesenden Kardinälen auch die beiden Privatsekretäre des Wojtyla-Papstes: Stanislaw Dziwisz, heute Kardinal in Krakau, und Mieczyslaw Mokrzycki, Erzbischof von Lviv (Lemberg). Bei der Messe teilten 800 Geistliche die Kommunion aus.



Vatikan: Mehr als eine Million Menschen

Der Besucheransturm übertrifft die Erwartungen: Mehr als eine Million Menschen kamen nach vatikanischen Angaben am Sonntagvormittag zu der Messe mit Papst Benedikt XVI. auf den Petersplatz, auf die Via della Conciliazione sowie die umliegenden Straßen. Das teilte das Presseamt des Heiligen Stuhls unter Berufung auf die römische Stadtverwaltung mit.



Die Menschenmasse reichte bis zur Engelsburg am Tiberufer. Mehrere zehntausend Menschen verfolgten die Seligsprechung auf 14 Großbildschirmen, die auf großen Plätzen der Stadt aufgestellt waren. Das Römische Pilgerwerk, das für die logistische Organisation der Feierlichkeiten zuständig ist, hatte etwa 300.000 Pilger erwartet; die Stadt Rom hatte nach eigener Ankündigung mit bis zu einer Million gerechnet.



In Polen hatten Hunderttausende die Direktübertragung der Seligsprechung auf öffentlichen Plätzen auf Großbildschirmen verfolgt. An der Fassade einer Warschauer Kirche wurde zudem das weltweit größte Porträt von Johannes Paul II. enthüllt. Es misst 55 mal 26 Meter und ist aus mehr als 100.000 Porträtbildern von Privatpersonen zusammengesetzt. Bereits am Nachmittag wird die erste Kirche in Polen das Patronat von Johannes Paul II. erhalten.



Gebetswache mit 200.000 Teilnehmern

Mit einer Gebetswache im Circo Massimo hatten am Samstagabend in Rom die Feierlichkeiten zur Seligsprechung begonnen. Vor rund 200.000 Teilnehmern aus aller Welt - so die Angaben der Stadt Rom - erinnerten enge Mitarbeiter wie dessen Privatsekretär Kardinal Stanislaw Dziwisz und der frühere Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls an den Papst, der über 26 Jahre lang die katholische Weltkirche geleitet hat.



Der römische Kardinalvikar Agostino Vallini, der zur Gebetswache eingeladen hatte, bezeichnete Johannes Paul II. als "Propheten der Hoffnung". Sechs Jahre nach seinem Tod sei Erinnerung an den großen Papst in der Kirche und in der Welt lebendig. Der polnische Papst habe als Zeuge der totalitären Systeme und ihres Zusammenbruchs unermüdlich die Würde der menschlichen Person in den Mittelpunkt gerückt. Die Erinnerung an Johannes Paul II. bedeute keine Rückkehr zur Vergangenheit, sondern stelle sein menschliches und spirituelles Erbe als Mahnung für die Zukunft dar.



Kardinal Dziwisz, der den neuen Seligen 40 Jahre lang als Privatsekretär und engster Mitarbeiter begleitete, äußerte seine tiefe Dankbarkeit für die rasche Seligsprechung. "Wenn er heute seliggesprochen wird, dann deshalb, weil er schon zu Lebzeiten ein Heiliger war", sagte der Kardinal. Der Papst, den man vor sechs Jahren beigesetzt habe, "kehrt heute zu uns zurück", rief er unter dem Applaus der Anwesenden. Im Laufe seiner Zeit sei der polnische Papst auch von den Römern als "unser Papst" bezeichnet worden.



Zweimal habe er Johannes Paul II. wütend erlebt, berichtete Dziwisz: als er in Agrigent auf Sizilien gegen das organisierte Verbrechen protestierte (Mai 1993) und als er vor dem Irak-Krieg warnte und den Frieden als einzigen Ausweg bezeichnete (Anfang 2003).



Die französische Ordensschwester Marie Simon-Pierre Normand berichtete, wie sie in der Nacht zum 3. Juni 2005 nach Gebeten zum verstorbenen Johannes Paul II. plötzlich von ihrer vier Jahre zuvor diagnostizierten Parkinson-Krankheit geheilt wurde.



Der frühere Vatikansprecher Navarro-Valls äußerte seine tiefe Dankbarkeit über diesen Papst, der "in seinem ganzen Leben Ja zu Gott gesagt" habe. "Danke Johannes Paul II. für das Meisterwerk, das du mit Gottes Hilfe in deinen Leben vollbracht hast", rief er. Die Kirche mache keine Heiligen, vielmehr erkenne sie das Leben bestimmter Personen als heiligmäßig an. Und Johannes Paul II. sei heilig gewesen, so sein langjähriger Sprecher.



Rosenkranz

In einem zweiten Teil der Gebetswache sprachen die Anwesenden den von Johannes Paul II. für die katholische Kirche eingeführten Lichtreichen Rosenkranz. Dazu waren fünf große Marienheiligtümer aus aller Welt - Polen, Tansania, Libanon, Mexiko und Fatima - per Video zugeschaltet. Zum Abschluss wollte Benedikt XVI., der die Feier per Live-Schaltung in seinem Appartamento verfolgte, den Anwesenden den Segen spenden. Die Gebetswache auf dem Circo Massimo mündete ein Nachtgebete in acht großen römischen Innenstadtkirchen.