Gedenken an die Opfer der Atomkatastrophe

25 Jahre Tschernobyl

25 Jahre nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl haben in der Ukraine die Gedenkfeiern an die Opfer begonnen. Der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche schlug um 1 Uhr 23 Ortszeit die Tschernobyl-Glocke. Greenpeace bestrahlte den explodierten Reaktor 4 mit einer Lichtprojektion. Der Reaktor war am 26. April 1986 während einer Notfallübung explodiert.

 (DR)

Um 01.23 Uhr, genau 25 Jahre nach der Explosion des Atomreaktors, betete der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. mit mehreren Hundert Menschen bei einem Denkmal für die Opfer. An dem Gottesdienst nahmen der ukrainische Ministerpräsident Mykola Asarow und sogenannte Liquidatoren teil, die nach dem Super-Gau eine Betonhülle um den havarierten Block 4 errichtetet hatten.



Kyrill I. sagte, die Welt kenne keine Katastrophe aus Friedenszeiten, die mit Tschernobyl vergleichbar sei. Die Folgen für die Menschen und die Umwelt seien 500 Mal höher gewesen als durch die Atombombe von Hiroshima im Zweiten Weltkrieg. Am Vormittag will der Patriarch einen Gottesdienst in einer Kirche in Tschernobyl feiern. Kyrill I. ist das erste Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, das die Sperrzone um das ehemalige Kernkraftwerk betritt.



Bislang schlimmste Katastrophe

Der Reaktorunfall im ukrainischen Tschernobyl gilt auch nach dem Nuklearunglück im japanischen Fukushima als die bislang schlimmste Katastrophe in der zivilen Nutzung der Atomkraft. Bei dem Super-GAU in der Nacht zum 26. April 1986 kam es zur Kernschmelze und zu einer gewaltigen Explosion im Block 4 des Kernkraftwerks. Ausgelöst wurde der Unfall durch ein fehlgeschlagenes Experiment und gravierende Konstruktionsmängel des sowjetischen Reaktors vom Typ RBMK.



Mehrere Tonnen radioaktives Material wurden bei der Katastrophe freigesetzt. Eine radioaktive Wolke stieg bis zu anderthalb Kilometer hoch und bewegte sich dann nach Norden. Sie zog zunächst in Richtung Skandinavien und danach über große Teile Westeuropas. Am 1. Mai erreichte sie Österreich, die Schweiz und Süddeutschland. In den Wochen nach dem Unglück wurde eine Fläche von 200.000 Quadratkilometern radioaktiv verseucht, am stärksten betroffen war Weißrussland (Belarus).



Exakte Opfer-Zahlen wird es wohl nie geben

Die Schätzungen über die Zahl der Toten infolge der Strahlenbelastung gehen weit auseinander. Exakte Zahlen dazu wird es wohl nie geben. Während die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einem Bericht aus dem Jahr 2005 von 4.000 zusätzlichen Krebs- und Leukämietoten unter den am meisten belasteten Menschengruppen ausgehen, liegen die Zahlen nach Schätzung westlicher Experten und Umweltorganisationen um ein Vielfaches höher.



Die sowjetischen Behörden versuchten zunächst, den Reaktorunfall herunterzuspielen und zu vertuschen. Erst am Nachmittag des 27. April 1986 begann die Evakuierung der nur wenige Kilometer vom Kraftwerk entfernten Stadt Pripjat mit knapp 50.000 Einwohnern. Die Umsiedlung aus der 30-Kilometer-Zone um Tschernobyl wurde erst am 3. Mai in Angriff genommen. Insgesamt wurden in den folgenden Jahren rund 350.000 Menschen umgesiedelt, von denen allerdings einige hundert, vor allem Ältere, in die verstrahlte Zone zurückkehrten.



Neue Schutzhülle in Planung

Nach dem Unglück errichteten Tausende Arbeiter unter Lebensgefahr eine Betonhülle um den havarierten Reaktorblock 4. Dieser an vielen Stellen brüchige und einsturzgefährdete "Sarkophag" wurde 2008 durch ein Stahlgerüst stabilisiert. In den kommenden Jahren soll mit internationaler Finanzhilfe ein über 100 Meter hohes Stahlgewölbe als neue Schutzhülle für die Ruine gebaut werden.



Das nach dem Revolutionär Lenin benannte Atomkraftwerk Tschernobyl, dessen drei noch funktionstüchtige Reaktorblöcke nach dem Ende der Aufräumarbeiten wieder in Betrieb gingen, wurde im Dezember 2000 nach langwierigen Verhandlungen zwischen der Ukraine und dem Westen endgültig stillgelegt.