Christen gedenken am Karfreitag des Leidens und Sterben Jesu

"Das Geheimnis der Stellvertretung"

Christen auf der ganzen Welt haben am Karfreitag des Leidens und Sterben Jesu gedacht. "Es ist der Tag, der weiß, dass Gott uns wirklich liebt", sagte im Kölner Dom Kardinal Meisner. Auch in Rom sowie in anderen deutschen Diözesen erreichten die Feierlichkeiten zu Ostern einen ersten Höhepunkt.

 (DR)

Liebe nehme "in der Gestalt dieser Welt das Gesicht des Leidens an", so der Kölner am Nachmittag im Kölner Dom. "Es wurde uns schon oft gesagt, dass wir nicht durch Leid erlöst sind, sondern durch Liebe. So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er die Schwachheit besaß, sich für sie kreuzigen zu lassen. Wo man dem Kreuz keinen Raum mehr gibt, dort verlässt auch die Liebe den Menschen und seine Welt."



Meisner weiter: "Und in einer Welt ohne Liebe kann man eigentlich nicht leben. Darum sind wir Christen als Kreuzesleute für die Welt unverzichtbar. Vor dem Weg zum Kreuz stehen drei Stationen. Es handelt sich eigentlich um drei Vorladungen und drei Verhöre. Es sind keine Einladungen und keine Gespräche! Das war damals so wie heute!"



Ackermann: Das Geheimnis der Erlösung

In seiner Karfreitagspredigt im Trierer Dom unterstrich Bischof Stefan Ackermann die Möglichkeit der Christen zum Neuanfang. "Das ist Erlösung konkret: Leben aus dem Versprechen und dem Verzeihen Jesu Christi, leben in dem neuen Raum, den Jesus durch sein Sterben und seine Auferstehung eröffnet hat", sagte der Theologe. Das Geheimnis der Erlösung stehe im Zentrum des christlichen Glaubens.



Das Thema "Erlösung" stehe auch im Mittelpunkt der geistlichen Vorbereitung auf die Heilig-Rock-Wallfahrt im Jahr 2012, sagte der Bischof. Der Heilige Rock, der zu den bedeutendsten Reliquien der Christenheit gehört, wird erstmals seit 1996 und 500 Jahre nach der ersten Wallfahrt wieder öffentlich ausgestellt. Die Tunika, die Jesus Christus getragen haben soll, wird im Trierer Dom aufbewahrt. Ob es sich bei dem Trierer Tuch um das Originalgewand handelt, lässt sich nach Bistumsangaben weder mit historischen noch mit naturwissenschaftlichen Methoden nachweisen.



Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck bezeichnete in seiner Karfreitagspredigt Kinderarmut und Jugendarbeitslosigkeit als "große Kreuze" bezeichnet. "Hier wird das Bild des kreuztragenden Jesus für mich anschaulich", sagte Overbeck am Freitag auf der Halde Prosper Haniel in Bottrop. Diesen um ihre Bildungschancen gebrachten Kindern und Jugendlichen sei ein Kreuz auferlegt, das sie oft ein Leben lang durch ihre Existenz schleppen müssten.



Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, rief dazu aufgeruf, angesichts des Leides in der Welt nicht zu verzweifeln. "Alle Kreuze dieser Welt werden nicht das letzte Wort über unser Leben haben. Denn auch wir können nicht tiefer fallen als in Gottes Hände", sagte Schneider am Freitag im Willibrordi-Dom in Wesel.



Am Nachmittag gedachte auch Papst Benedikt XVI. in einem Gottesdienst des Leidens und Sterbens Jesu. Am Abend steht die traditionelle Kreuzwegmeditation beim antiken Kolosseum auf dem Programm. Dazu werden in der römischen Altstadt Zehntausende Gläubige erwartet.



Bischöfe in Bayern: Welt ohne Leid ist unrealistischer Traum

Die Bischöfe in Bayern haben in das Zentrum ihrer Karfreitagspredigten den unbedingten Schutz des Lebens gestellt. Die Menschen versuchten, sich am Leid vorbeizumogeln, sagte der evangelische Landesbischof Johannes Friedrich in Ansbach. Als Beispiel nannte er die Präimplantationsdiagnostik (PID), die nach "Barmherzigkeit gegenüber Eltern in Not" klinge, jedoch der unrealistische Traum einer Welt ohne Leid sei.



Kardinal Reinhard Marx warnte in der Diskussion um PID vor einer "zwanghaften Vorstellung", dass Leben gelingen müsse. Das zeige sich auch in dem "unbedingten Willen von Eltern, ein garantiert gesundes Kind haben zu wollen", auch wenn dafür menschliches Leben vernichtet werde, sagte Marx im Münchner Dom.



Papst betet Kreuzweg am Kolosseum

Papst Benedikt XVI. hat am Freitagabend gemeinsam mit mehreren Tausend Gläubigen am römischen Kolosseum den traditionellen Kreuzweg gebetet. Das Kreuz sei "nicht das Zeichen für den Sieg des Todes, der Sünde und des Bösen, sondern das leuchtende Zeichen der Liebe, der Weite der Liebe Gottes", sagte er zum Abschluss der Prozession. Dabei sprachen erstmals Kinder die Namen der vierzehn einzelnen Kreuzwegsstationen.



Nach der Kreuzigung Jesu, an die Christen am Karfreitag erinnern, herrsche "Schweigen, das die Last des Schmerzes des abgelehnten, erdrückten und zertretenen Menschen in sich trägt, die Last der Sünde, die sein Angesicht entstellt, die Last des Bösen", sagte der Papst. Als Zeichen der Vielfalt der katholischen Kirche trugen unter anderen der Kardinalvikar von Rom, Agostino Vallini, eine Familie aus Äthiopien, zwei Augustinerinnen, ein Franziskaner, ein Rollstuhlfahrer und zwei Ordensmänner aus Jerusalem bei der Prozession das Kreuz. Die Meditationen für die einzelnen Stationen hatte in diesem Jahr im Auftrag des Papstes eine Augustinerin verfasst.