Katholik Haseloff wird Sachsen-Anhalts neuer Ministerpräsident

"Herz-Jesu-Marxist" als Landeschef

Er gilt als prinzipientreu, als wertkonservativ - und als fest verwurzelt in seinem christlichen Glauben. Am Dienstag wird der CDU-Politiker und bisherige Wirtschaftsminister Reiner Haseloff als neuer Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt vereidigt. Dann steht erstmals ein ostdeutscher Katholik an der Spitze dieses Bundeslandes.

Autor/in:
Birgit Wilke
 (DR)

Zwar hatte Sachsen-Anhalt in Werner Münch bereits Anfang der 1990er Jahre einen katholischen Landeschef, dieser stammte allerdings nicht aus den neuen Bundesländern, sondern kam als "Westimport" aus Niedersachsen.



Haseloff gehört mit seiner Konfession einer kleinen Minderheit an. Nur etwa 3,5 Prozent der Sachsen-Anhaltiner sind katholisch. Parteifreunde nennen ihn scherzhaft einen "Herz-Jesu-Marxist". Der 57-Jährige selbst hält nicht damit hinter dem Berg, dass der Glaube ihm Kraft gibt. Auf seinem Schreibtisch steht ein Kreuz, seine Frau sucht ihm jeden Tag ein Bibelzitat aus. Politische Termine am Sonntagmorgen sind für Haseloff in der Regel tabu.



Der Diplomphysiker trat bereits Mitte der 1970er Jahre in die Ost-CDU ein. Aber erst nach der Wende stieg er zur Parteispitze auf: So gehört er seit 1990 dem CDU-Landesvorstand an, seit 1994 ist er stellvertretender Landesvorsitzender der Partei. Im CDU-Bundesvorstand sitzt er seit zwei Jahren.



Gutes Verhältnis zu den Kirchen

In dem ostdeutschen Bundesland hat sich der Vater von zwei Kindern und Großvater von vier Enkeln im Wirtschafts- und Arbeitsministerium als fleißiger und uneitler Politiker einen Namen gemacht, zunächst als Staatssekretär, dann ab 2006 als Minister. Praktische Erfahrungen brachte er als langjähriger Direktor des Arbeitsamtes Wittenberg mit. In Sachsen-Anhalt sank die Arbeitslosenquote in seiner Amtszeit von 18,3 auf 12,5 Prozent. Der Bund griff das maßgeblich von ihm erarbeitete Konzept der Bürgerarbeit für Langzeitarbeitslose auf.



Zu den Kirchen pflegt Haseloff auch als Politiker ein gutes Verhältnis. Von Anfang an unterstützte er das "Netzwerk Leben", das vom Bistum Magdeburg 2001 nach dem Ausstieg der katholischen Diözesen aus dem staatlichen System der Schwangerschaftskonfliktberatung aufgebaut wurde; seit 2003 ist er Mitglied im Kuratorium der Stiftung.



Als Wirtschaftsminister, zu dessen Ressort auch die Förderung des Fremdenverkehrs gehört, setzte er stark auf den spirituellen Tourismus. Er will die lange vergessenen kirchlichen Wurzeln der Region wieder in Erinnerung rufen. Gerne verweist Haseloff bei Veranstaltungen darauf, dass Sachsen-Anhalt die höchste Klöster- und Kirchendichte bundesweit besitzt und welche Chancen dies auch kulturell bietet.



Kirchliche Projekte sind ihm wichtig

Sein bisheriges Ministerium unterstützt den Erhalt der Sakralgebäude, so des Benediktiner-Klosters Huysburg. Auch andere kirchliche Projekte sind ihm wichtig wie der Aufbau des "Lutherwegs" zu Stätten des Reformators und das Reformationsgedenken 2017. Erst kürzlich betonte er in einem Interview, dass er bei dem Jubiläum der Protestanten kräftig mitfeiern werde. Schließlich sei Luther katholischer gewesen als "wir Katholiken heute".



Haseloff ist kein Taktierer, populistische Sprüche sind ihm zuwider. Lieber glänzt er durch Faktenwissen, auch wenn er sich dabei gelegentlich in Details verliert. Die Medien bezeichnen ihn deshalb schon mal als "Zahlenflüsterer". Doch auch politische Gegner schätzen eine ehrliche Grundhaltung an dem Politiker, der die Familie als Institution hochschätzt und gerne auch das Wort "Demut" verwendet.



Nach der Wahl an die Landesspitze muss Haseloff aus dem langen Schatten des populären 75-jährigen Wolfgang Böhmer treten, der nach fast neunjähriger Regierungszeit - zunächst in Koalition mit der FDP, dann mit der SPD - nicht mehr antrat und Haseloff als seinen Nachfolger vorschlug. Ein altväterlicher Landeschef nach Art seines Vorgängers wird Haseloff wohl nicht werden. Lieber nutzt er die neuen Medien, twittert oder postet eine Nachricht auf Facebook.