SPD-Landtagsabgeordneter sieht Karfreitagsruhe nicht in Gefahr

"Überflüssige Diskussion"

Der SPD-Landtagsabgeordnete Wolfram Kuschke hält die aktuelle Diskussion um den Karfreitag für überflüssig. Im domradio.de-Interview betont, dass es im rot-grünen Koalitionsvertrag "überhaupt keinen Anhaltspunkt" für eine mögliche Abkehr von der gesetzlichen vorgeschriebenen Karfreitagsruhe gebe.

 (DR)

domradio.de: Herr Kuschke, glauben Sie denn auch, dass das sogenannte Tanzverbot an Karfreitag wirklich nicht mehr in unsere Gesellschaft passt?--
Wolfram Kuschke: Nein, das glaube ich nicht. Ich halte die Diskussion, die im Augenblick geführt wird, auch für absolut überflüssig. Wir haben eine klare Rechtslage: Der Karfreitag ist zusammen mit drei anderen Feiertagen im Feiertagsgesetz geregelt. Und wir haben auch im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen überhaupt keinen Anhaltspunkt, dort Änderungen vorzunehmen.

domradio.de: Kritiker sprechen von einem Tabubruch, den der Grünen-Politiker Lehmann begeht. Teilen Sie diese Einschätzung?--
Kuschke: Ich halte die Argumentation von Herrn Lehmann für ausgesprochen egoistisch. Es handelt sich ja bei diesem Feiertagschutz um ein gesamtgesellschaftliches Gemeingut. Wer so argumentiert wie er, der kennt gar nicht den historischen Hintergrund. Das ist eine soziale Errungenschaft. Der Feiertagschutz ist hart erkämpft worden. Also von Beschneidung von Rechten kann hier gar nicht die Rede sein. Umgekehrt wird ein Schuh daraus.

domradio.de: Muss man als Politiker, der ja denn gesamten Querschnitt des Volkes vertritt, nicht auch über diese Lockerung der Karfreitagsruhe zumindest nachdenken? --
Kuschke: Nein, ich sehe da keine Veranlassung, weil ich denke, man muss auch einmal die Relationen sehen: Wir sprechen von insgesamt vier Tagen, die besonders geschützt sind: Allerheiligen, Totensonntag, Volkstrauertag und Karfreitag. Bei all diesen Tagen gibt es ja nicht nur den christlichen Hintergrund, sondern diese Tage sind im Verständnis der Menschen auch darüber hinaus Feiertage. Und insofern handelt es sich nicht um die Frage, welche anderen Religionen es noch in Deutschland gibt. Mal abgesehen davon, dass die Christen eben nicht in der Minderheit sind, wie Herr Lehmann da argumentiert. Er hat da möglicherweise die Kirchenbesucher gezählt. In Wahrheit, wenn man von der Statistik ausgeht, sprechen wir hier von einer christlichen Mehrheit.

domradio.de: Ist Ihnen persönlich als Mensch denn der Karfreitag oder diese Karfreitagsruhe wichtig?--
Kuschke: Sie ist mir absolut wichtig in dem besonderen Verständnis als Christ, aber auch darüber hinaus. Das ist auch ein Tag des Innehaltens, und von diesen Momenten haben wir in unserer Gesellschaft ja nicht mehr allzu viele. Wer so an einen Feiertag herangeht, der muss im übrigen auch wissen, da stellt sich dann auch die Frage nach sozialer Verantwortung, dass wir da letztendlich auch über Arbeit und über einen weiteren Arbeitstag reden. Ich glaube nicht, dass das von Herrn Lehmann beabsichtigt ist. Da hat er schlichtweg unüberlegt eine Diskussion losgetreten.

domradio.de: Nun hat ihm ja auch der FDP-Hauptgeschäftsführer Staerck recht gegeben. Haben Sie denn die Befürchtung, dass sich eine Mehrheit findet, um die Karfreitagsruhe abzuschaffen?--
Kuschke: Nein, die Gefahr sehe ich überhaupt nicht. Ich habe ja darauf verwiesen, dass wir im Koalitionsvertrag überhaupt keinen Anhaltspunkt für eine solche Diskussion haben. Dass die FDP dort aufspringt, wundert mich nicht, die hat in der Vergangenheit ja auch schon argumentiert, am Sonntag müssten Videotheken, Autowaschanlagen und ähnliches geöffnet haben. Das ist also eine Argumentationslinie, die man überhaupt nicht ernst nehmen konnte und auch nicht kann.  

domradio.de: Wo geht diese Diskussion denn Ihrer Meinung nach hin? Ist die nach Karfreitag schon wieder eine Sache fürs Archiv?--
Kuschke: Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube vielmehr, jetzt positiv gedacht, dass wir doch noch einmal die Diskussion aufnehmen, die wir schon in Zusammenhang mit Öffnungszeiten an besonderen Feiertagen hatten. Nämlich: Was ist uns eigentlich die Trennung von Arbeit und Sonn- und Feiertagen wert? Wie viel Wert legen wir in unserer Gesellschaft darauf, innezuhalten und zur Muße und auch zur Besinnung zu kommen? Ich glaube, das ist eine Diskussion, die man grundsätzlich führen muss. Aber da eignet sich der Karfreitag nicht für.