Ministerpräsidentin Kraft stellt Karfreitagsruhe nicht zur Debatte

"Auch persönlich eine hohe Bedeutung"

Nach Protesten der Kirchen hat nun auch die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft den Vorstoß aus den Reihen der Grünen zur Abschaffung der Karfreitagsruhe zurückgewiesen. Eine Gesellschaft, der nichts mehr heilig sei, komme nicht voran, sagte Kraft und fügte hinzu: "Für mich als Christin hat der Karfreitag auch persönlich eine hohe Bedeutung." Sie käme auch "nicht auf die Idee, an dem Tag ins Theater zu gehen".

 (DR)

"Eine Änderung des Feiertagsgesetzes wird es mit mir nicht geben", sagte Kraft der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Freitagsausgabe). Sie reagierte damit auf Äußerungen des Grünen-Parteichefs in NRW, Sven Lehmann, der sich dafür ausgesprochen hatte, das Verbot von Unterhaltungsveranstaltungen an dem hohen kirchlichen Feiertag abzuschaffen.



"Wir dürfen nicht zulassen, dass der Feiertagsschutz weiter ausgehöhlt wird", sagte Kraft und stärkte damit die Position der Kirchen gegen den Parteichef des SPD-Koalitionspartners. Es müsse in einer Gesellschaft auch Tage zum Innehalten geben. "Der Karfreitag gehört dazu", betonte die Chefin der rot-grünen Minderheitsregierung. "An diesem Tag gedenken die Christen des Todes von Jesus Christus. Sie sind keine Minderheit in unserem Land."



Widerspruch aus der eigenen Partei

Widerspruch erntet Lehmann weiter auch aus der eigenen Partei. Sein Vorschlag sei "nicht vom Ende her gedacht", sagte Oliver Keymis, Landtags-Vizepräsident der Grünen. Wer den Karfreitag abschaffen wolle, müsse sich konsequenterweise auch gegen die Sonntagsruhe aussprechen. Die kirchenpolitische Sprecherin der Grünen, Sigrid Beer, die auch der Kirchenleitung der westfälischen Kirche angehört, hält den Karfreitag für nötig zur Besinnung und zum Nachdenken über Werte menschlichen Zusammenlebens.



Die Landesregierung will nach den Worten von Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) die Ausnahmeregelungen für die Sonntagsöffnung von Läden einschränken. "Wir werden eine parlamentarische Mehrheit dafür bekommen", sagte er. Auch der Tag der Arbeit am 1. Mai müsse als besonderer Feiertag geschützt werden. Mit einigen Ausnahmen dürfen in Stadtteilen bis zu viermal pro Jahr die Läden auch an Sonntagen öffnen.



Kirchen sind sich einig

Die Äußerungen Lehmanns hatte der Leiter des Katholischen Büros in NRW Prälat Martin Hülskamp gegenüber domradio.de als "überflüssig" bezeichnet. Sie riefen bei ihm "mehr Verwunderung als Ärger" hervor. Solche Argumente und Parolen hätte man eher aus dem liberalen Lager vermuten können, so Hülskamp. Als "sehr zweischneidiges" Argument wies Prälat Hülskamp die vermeintlichen "Mehrheiten" zurück, die sich laut dem Grünen-Politiker nicht mehr an den Grundeinstellungen der christlichen Lebenspraxis der großen Kirchen orientierten. "Gerade umgekehrt profitiert die große Mehrheit unseres Landes davon, dass überzeugte Christen an dem besonderen Gepräge der Sonn- und Feiertage festhalten und sie nicht für die allgemeine Disposition des Marktes zur Verfügung stellen", stellte der Prälat fest. Gerade die Grünen hätten über viele Jahre hinweg gegen den Mehrheitstrend an ihrer Grundüberzeugung festgehalten.



"Für die katholische Kirche und alle Christen in unserem Land sind die Sonn- und Feiertage, und gerade die christlichen Hochfeste mit ihrer je eigenen Prägung ein Kernbestand unseres Glaubens und der daraus erwachsenen Lebensgestaltung", betonte Hülskamp. "Wer ökologisch und im Einklang mit der Natur und somit der Schöpfungsordnung argumentiert, wird völlig unglaubwürdig, wenn er den Siebten Schöpfungstag, "an dem Gott ruhte", ausblendet und individualistisch zur Disposition stellt."



Präses Schneider: Dann haben wir noch mehr Werk- und Arbeitstage

Auch Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, hatte betroffen reagiert: "Wer die Aufhebung der besonderen Feiertagsruhe am Karfreitag propagiert, fordert nichts anderes als mehr Werktage. Außerdem beweist er wenig Verständnis für die kulturelle Prägung unseres Landes." Wer Feiertage ohne ihren prägenden Inhalt haben fordere, wolle sie am Ende gar nicht mehr. Denn ohne ihren prägenden Inhalt seien Feiertage verzichtbar. "Der Vorstoß des Grünen-Parteichefs bedeutet letztlich, dass wir Tage wie Karfreitag, Ostermontag, Pfingstmontag, Weihnachten usw. aus dem Kalender streichen müssen. Dann haben wir noch mehr Werk- und Arbeitstage. Bleibt zu befürchten, dass der Grünen-Chef in NRW als nächstes die Abschaffung des Tages der deutschen Einheit fordert, weil nicht die Mehrheit der Bevölkerung an Feiern zur Wiedervereinigung teilnimmt."



Die Bezirkregierung hatte in den vergangenen Tagen die Kommunen und Kreise daran erinnert, dass laut Feiertagsgesetz in NRW am Karfreitag alle der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veranstaltungen bis zum nächsten Tag um 6 Uhr verboten sind. Dazu zählen Theater-, Opern-, Musical- oder Tanzaufführungen. Erlaubt sind religiöse Veranstaltungen wie Oratorien oder Requien. Das "Theater an der Kö" will an Karfreitag die Oper "Billy Budd" von Benjamin Britten geben, was die Stadt Düsseldorf bislang nicht verboten hat. In Essen hatte dagegen das Aalto-Musiktheater die für Karfreitag geplante Premiere von Puccinis "Madame Butterfly" auf Gründonnerstag vorverlegt; vorausgegangen war eine Beschwerde an die Bezirksregierung Düsseldorf als Aufsichtsbehörde der Kommune, woraufhin das Essener Ordnungsamt die Aufführung untersagte.



Kein Tag der Festfreude und des Jubels

Der Karfreitag erinnert an den Tod Jesu Christi am Kreuz. Weil ein solcher Tag kein Tag der Festfreude und des Jubels ist wie beispielsweise das Oster- oder das Weihnachtsfest, hat der Gesetzgeber diesem Tag - wie auch dem Volkstrauertag und Allerheiligen - einen deutlich stilleren Rahmen als den anderen Feiertagen gegeben. Bestimmte Unterhaltungsveranstaltungen sind deswegen nicht erlaubt, erklärt Präses Schneider. "Diese Regelung trägt dem religiösen Leben und der kulturellen Prägung in unserem Land durch das Christentum Rechnung - und das ist keine Frage von Mehrheit oder Minderheit, sondern eine Frage des Respekts vor der Religion und der kulturellen Wurzeln."