Neue Dokumentation zur Religionsfreiheit

Christen in großer Bedrängnis

Bomben vor Kirchen in Bagdad, ein Selbstmordattentat vor einem koptischen Gotteshaus in Alexandrien, der Mord an einem katholischen Minister in Pakistan: Die Situation von Christen weltweit war selten zuvor so stark im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit wie in den vergangenen Monaten. In dieser Situation hat das katholische Hilfswerk "Kirche in Not" eine Dokumentation über "Christen in großer Bedrängnis" vorgelegt.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Die Organisation zeigt, in welch unterschiedlichen Formen die Religionsfreiheit missachtet wird: durch bürokratische Maßnahmen, Diskriminierung im Alltag, staatliche Gesetze oder direkte Verfolgung durch radikale Gruppierungen oder den Staat selber.

Nach Darstellung des Hilfswerks werden mehr als 200 Millionen Christen weltweit wegen ihres Glaubens diskriminiert - Tendenz steigend. In über 50 Ländern erleiden sie Vertreibung, Entführung, Zwangskonversion, Vergewaltigung, Folter und Mord. Die Verfolgung von Christen habe ein erschreckendes Ausmaß angenommen, so die Autoren. Ähnlich wie Amnesty International stellt Kirche in Not deshalb am Beispiel von 17 Brennpunkt-Staaten die Situation der Christen dar. Eine Rangliste der Länder mit der schlimmsten Verfolgung, wie sie die Hilfsorganisation open doors veröffentlicht, wird allerdings nicht aufgestellt.

Besondere Aufmerksamkeit richtet sich derzeit auf Nordafrika. In Ägypten etwa zeichnen sich zwei Alternativen ab: Ein friedliches Zusammenleben der Religionen in einem demokratischen Staat oder ein Erstarken islamistischer Kräfte. Auch unter Mubarak litten die Christen laut Bericht unter vielfältiger Diskriminierung. Sie wurden von Schlüsselpositionen in Armee, Polizei und Universitäten weitgehend ausgeschlossen. Trotz Verfassung, die die Glaubensfreiheit anerkennt, war die Konvertierung zum Christentum verboten. "Kirche in Not" nennt auch zahlreiche Gewalttaten gegen Christen: Die Rede ist von 1.800 Mordfällen in 30 Jahren.

Weitaus strenger geht es in Saudi Arabien zu: Dort gilt die Todesstrafe für den Abfall vom Islam. Jede christliche Praxis auch in privater Form werde verhindert, obschon im Land rund eine Million christlicher Zuwanderer leben. Im Irak ist "die Lage der antiken christlichen Gemeinde zunehmend dramatisch". Sie leide unter systematischem Terror und sei vom Aussterben bedroht. Zwischen 2003 und 2010 wurden laut Bericht etwa 2.000 Christen bei Anschlägen und Entführungen getötet. In Pakistan ist den Angaben zufolge das Blasphemiegesetz das schlimmste Instrument religiöser Unterdrückung. Seit 1986 seien mindestens 993 Menschen der Koranschändung oder der Beleidigung des Propheten beschuldigt worden, darunter 120 Christen.

Einen genauen Blick wirft die Dokumentation auch auf die nicht-muslimischen asiatischen Staaten. In China dauern die Einschränkungen, die 2008 anlässlich der Olympischen Spiele verstärkt wurden, fort. "Die Behörden wollen die volle Kontrolle über alle religiösen Aktivitäten nicht aufgeben." So versuche die Kommunistische Partei, die von ihr anerkannten Gemeinschaften von den Untergrundgemeinschaften getrennt zu halten. Vermehrt seien christliche Geistliche festgenommen worden.

Nordkorea gehört laut Dokumentation zu den Ländern, "in denen die Lebensbedingungen der Bürger am unmenschlichsten sind". Die Religionsfreiheit werde völlig verweigert. Für Indien registriert der Bericht eine starke Zunahme religiös motivierter Gewalt; mindestens 3.800 Anschläge in den vergangenen fünf Jahren nennt ein Regierungsbericht. Zwar versuche die Zentralregierung, diese Gewalt einzudämmen. Andererseits gebe es auf lokaler und regionaler Ebene Behörden, die die Radikalen gewähren ließen.

Mit Blick auf den amerikanischen Kontinent erinnert der Bericht vor allem an Kuba, wo es zu einer langsamen Entspannung des Staat-Kirche-Verhältnisses gekommen sei. Zeichen der Öffnung wie der Freilassung von Häftlingen auf Vermittlung der Kirche stünden fortbestehende Unterdrückung durch Gesetze und Behörden entgegen.