Vor 25 Jahren besuchte Johannes Paul II. als erster Papst der Neuzeit eine Synagoge

Meilenstein der jüdisch-katholischen Beziehungen

Als Papst Johannes XXIII. 1963 starb, betete der damalige römische Oberrabbiner Elio Toaff auf dem Petersplatz für das sterbende Kirchenoberhaupt. Mehr als zwei Jahrzehnte sollten noch vergehen, ehe ein Papst erstmals in der Neuzeit seinen Fuß in eine Synagoge setzte. Vor 25 Jahren, am 13. April 1986, war es dann soweit und Johannes Paul II. besuchte als erstes katholisches Kirchenoberhaupt der Neuzeit ein jüdisches Gotteshaus.

Autor/in:
Bettina Gabbe
13. April 1986: Papst Johannes Paul II. besuchte als erstes katholisches Kirchenoberhaupt der Neuzeit ein jüdisches Gotteshaus (KNA)
13. April 1986: Papst Johannes Paul II. besuchte als erstes katholisches Kirchenoberhaupt der Neuzeit ein jüdisches Gotteshaus / ( KNA )

Der polnische Pontifex setzte bei seinem Besuch ein eindrucksvolles Zeichen der Versöhnung zwischen beiden Glaubensgemeinschaften, indem er die Juden "unsere älteren Brüder" nannte. Jesus, Maria und die Mehrheit der ersten Christen stammten aus dem jüdischen Volk, rief der Papst ins Gedächtnis und wies jede Generalverurteilung von Juden für den Tod Jesu zurück.



Der Synagogen-Besuch hatte einen längeren Vorlauf: Schon auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) hatten die Bischöfe die katholische Kirche für den Dialog mit dem Judentum geöffnet. Nach langwierigen Verhandlungen wurde dabei im Konzilsdokument "Nostra Aetate" eine Kollektivschuld der Juden am Tod Jesu zurückgewiesen. Damit wandte sich Rom unter dem Eindruck des Holocaust vom traditionellen christlichen Antijudaismus ab.



Heute fast normal

Mit seinem Gang in die jüdische Synagoge setzte Johannes Paul II. einen Meilenstein in den jüdisch-christlichen Beziehungen: Heute stehen Synagogen-Besuche immer wieder auf dem Programm bei Papstreisen. Benedikt XVI. besuchte Synagogen in Rom, Köln und New York. In der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem und im Konzentrationslager Auschwitz gedachte der deutsche Papst zudem der Millionen Juden, die in der NS-Zeit ermordet wurden.



Gleichzeitig blieben aber - vor allem durch ungeschicktes Agieren von Papst Benedikt - Spannungen zwischen den Glaubensgemeinschaften nicht aus. Harsche Kritik erntete der Papst, als er die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil geltenden Einschränkungen für die alte lateinische Messe aufhob und die Karfreitagsbitte, in der für eine Bekehrung der Juden gebetet wird, wieder in den Ritus aufnahm.



Auch die Aufhebung der Exkommunikation der Piusbrüder sorgte für Misstrauen. Gehört doch zu der traditionalistischen Gemeinschaft, die für ihre judenfeindliche Haltung bekannt ist, auch der britische Holocaust-Leugner Richard Williamson. Und auch mit seiner Verteidigung von Pius XII., dem Papst der Hitlerzeit, rührte Benedikt an jüdische Sensibilität. Wegen des starken Widerstands aus jüdischen Kreisen liegt das Seligsprechungsverfahren für das umstrittene Kirchenoberhaupt mittlerweile auf Eis.



Juden als "Väter im Glauben"

Diesen negativen Signalen an die jüdische Gemeinschaft zum Trotz bekennt sich Benedikt seit seinem Amtsantritt vor sechs Jahren klar zum Dialog mit den Juden, die er als "Väter im Glauben" sieht. In seinem neuen Jesus-Buch erteilt er zudem der Auffassung, die Juden trügen die Schuld an der Kreuzigung Jesu, eine klare Absage. Eine Erklärung, die vom Jüdischen Weltkongress als wichtiges Signal gegen Antijudaismus in der Kirche aufgenommen wurde.



Und auch in Rom geht der Dialog zwischen der jüdischen Gemeinde und dem katholischen Pontifex weiter: Vor rund einem Jahr wurde Benedikt in der römischen Synagoge mit großen Ehren empfangen. Der mittlerweile 95-jährige Toaff begrüßte den zurückhaltenden Deutschen anschließend bei einem Gang durch das ehemalige Ghetto, indem er dessen Hand in seine beiden Hände nahm.