Abgewählter Elfenbeinküste-Präsident Gbagbo offenbar umzingelt

Entscheidungsschlacht in Abidjan

Der Machtkampf in der westafrikanischen Elfenbeinküste ist offenbar in die entscheidende Phase getreten. Kämpfer des international anerkannten neuen Präsidenten Alassane Ouattara umzingelten am Dienstag eine Residenz des abgewählten Staatschefs Laurent Gbagbo in der Wirtschaftsmetropole Abidjan.

 (DR)

Der britische Sender BBC berichtete unter Berufung auf UN-Kreise, Gbagbo und seine Familie hätten sich im Keller des Gebäudes verschanzt. Zuvor hatten Ouattara-Truppen erklärt, sie hätten die Residenz eingenommen. Die Informationen blieben widersprüchlich. Der Sprecher der Gbagbo-Regierung, Ahoua Don Mello, sagte nach Angaben des französischen Auslandsrundfunks, Gbagbos Truppen kontrollierten weiter die Residenz und den Präsidentenpalast. Zugleich hieß es, Gbagbo verhandele über seine Kapitulation.



Der im November zum Präsidenten gewählte Ouattara will offenbar mit einer militärischen Offensive eine Entscheidung erzwingen. Am Montag hatten sich französische und UN-Truppen in die Kämpfe eingeschaltet. UN-Hubschrauber nahmen in Abidjan Gbagbo-loyale Truppen unter Beschuss.



UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, Gbagbos Einheiten sollten durch den Militärschlag daran gehindert werden, schwere Waffen gegen Zivilisten einzusetzen. In dem westafrikanischen Land sind rund 8.000 UN-Blauhelme stationiert. Angesichts der Kämpfe erhöhte das Auswärtige Amt die humanitäre Soforthilfe für das westafrikanische Land um eine Million Euro. Die Mittel dienten der Notversorgung der Zivilbevölkerung im Großraum Abidjan und der Hilfe für Flüchtlinge, teilte das Ministerium in Berlin mit.



Die Kämpfe waren in den vergangenen Tagen eskaliert. Allein in der Stadt Duékoué im Westen des Landes waren 800 Menschen getötet worden. Menschenrechtler machen beide Konfliktparteien für die Gewalt gegen Zivilisten verantwortlich. Aufgrund der äußerst gefährlichen Sicherheitslage ist die medizinische Versorgung der Verwundeten kaum noch möglich.



In Abidjan steckt ein Team der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" seit Donnerstag in einem Krankenhaus fest. Es sei zu gefährlich, sich in der Stadt zu bewegen, hieß es. Das Klinik sei im Norden der Stadt die einzige, die noch funktioniere. Zusammen mit den Gesundheitsbehörden behandele man täglich 30 bis 40 Verletzte. Die Ärzte gehen jedoch davon aus, dass bei den Kämpfen in der Metropole weit mehr Menschen verletzt werden.



"Die Menschen bitten uns telefonisch um Hilfe, aber wir können die Verletzten nicht abholen, weil es unmöglich ist, sich in der Stadt zu bewegen", sagte Salha Issoufou, der Landeskoordinator von "Ärzte ohne Grenzen" in Abidjan. Ambulanzen könnten wegen der Kämpfe und Plünderungen nicht mehr fahren.



Medikamente und anderes Material würden knapp. "Wenn es so weiter geht, wird das Krankenhaus innerhalb von wenigen Tagen keine Betäubungsmittel, chirurgischen Handschuhe und kein steriles Verbandsmaterial mehr haben", sagte Issoufou.



In Abidjan verbarrikadieren sich die Menschen seit Tagen in ihren Häusern. Viele müssen ohne Wasser und Essen ausharren. In vielen Stadtvierteln ist die Versorgung mit Trinkwasser zusammen gebrochen. Im Westen des Landes ist die Ernährungslage nach Angaben von Hilfsorganisation ebenfalls kritisch. Zehntausende Menschen sind inzwischen vor den Kämpfen in den Westen geflüchtet, zum Teil bis ins benachbarte Liberia. UNICEF berichtete, Hunderttausende seien auf der Flucht.



Ouattara hatte die Präsidentenwahl im November nach offiziellen Ergebnissen mit 53 Prozent der Stimmen gewonnen. Der bisherige Präsident Laurent Gbagbo, der seit dem Jahr 2000 im Amt ist, erkennt das Wahlergebnis aber nicht an. 2002/03 wurde die Elfenbeinküste von einem Bürgerkrieg erschüttert, der das Land faktisch in einen Nord- und Südteil spaltete. Erst 2007 wurde der Konflikt entschärft.