Kirchen lehnen eindeutige Bewertung der Angriffe auf Libyen ab

"Grundsätzlich vertretbar"

Papst Benedikt XVI. hat eindringlich zu Verhandlungsbemühungen im Libyen-Konflikt aufgefordert. Beim sonntäglichen Angelusgebet äußerte er auf dem römischen Petersplatz Sorge vor allem um die Zivilbevölkerung. Unterdessen lehnen die beiden großen Kirchen in Deutschland eine eindeutige Bewertung des Militäreinsatzes gegen Libyen ab.

 (DR)

Papst Benedikt XVI. sagte in Rom: "In Momenten der größten Spannung ist es umso dringender erforderlich, jedes diplomatische Mittel anzuwenden, um auch noch das schwächste Zeichen von Öffnung und Wunsch nach Versöhnung zu unterstützen." Ziel müsse eine friedliche und nachhaltige Lösung des Konflikts sein, die alle Beteiligten mit einbezieht. Mit Blick auf die Nachbarländer äußerte der Papst die Hoffnung auf eine Rückkehr zu Frieden im gesamten Maghreb.



Bereits einige Tage zuvor hatte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, im RBB-Fernsehen von einer "ganz schwierigen Entscheidung" gesprochen. Krieg solle nach Gottes Willen nicht sein. "Alles, was wir gegen diesen Satz tun, müssen wir in besonderer Weise begründen und ist eigentlich nicht zu rechtfertigen", sagte der rheinische Präses in der am Dienstagabend ausgestrahlten Sendung "Thadeusz". Doch könne auch das Unterlassen militärischen Eingreifens zur Sünde werden.



Der Freiburger Erzbischof Zollitsch sagte im "Abendblatt", wenn die Truppen des Diktators Muammar al-Gaddafi tatsächlich kurz davor standen, im Osten Libyens ein Blutbad anzurichten, "ist ein Militäreinsatz auf der Grundlage eines Mandats zum Schutz der Zivilbevölkerung grundsätzlich vertretbar". Zugleich warnte er jedoch

vor einer "langanhaltenden Verstrickung mit unkalkulierbaren Folgen" für die westlichen Staaten.



Ob "mit mehr diplomatischer Klarheit und Stringenz" das Schlimmste hätte verhindert werden können, sei im Nachhinein wohl nicht abschließend festzustellen, sagte Zollitsch. Er wolle sich vor Besserwisserei hüten.



Die internationale katholische Friedensbewegung pax christi lehnt den militärischen Eingriff des Westens in Libyen dagegen grundsätzlich ab. Johannes Schnettler, Vize-Präsident der deutschen Sektion, befürchtet "enorme Verluste in der Zivilbevölkerung". Das sei eine "militärische Unterstützung der Oppositionsbewegung im Land", so Schnettler im Interview mit domradio.de am Freitag (19.03.2011). Gleichzeitig aber sei auch die Zivilbevölkerung bei möglichen Angriffen aus der Luft gefährdet. Zudem werden die NATO in einen Konflikt hineingezogen, "dessen Folgen noch nichts absehbar sind". Zwar hege pax christi "Sympathien für die Protestbewegung" in Libyen, doch in der Wahl der Mittel liege das große Dilemma. Mit dem Weg, den die Vereinten Nationen nun bereitet haben, werde das Leiden vergrößert.