Ralf Meister als neuer hannoverscher Landesbischof eingeführt

Ein Prediger aus Leidenschaft

Ralf Meister ist neuer Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers. Der frühere Berliner Generalsuperintendent wurde am Samstag in der
niedersächsischen Landeshauptstadt in das Amt eingeführt.

 (DR)

Meister ist Nachfolger der ehemaligen Landesbischöfin Margot Käßmann, die nach einer Trunkenheitsfahrt im Februar 2010 zurückgetreten war. Sie und der übergangsweise amtierende Bischofsvikar, Landessuperintendent Hans-Hermann Jantzen, wurden bei der Feier offiziell aus ihren Ämtern verabschiedet. Die Landeskirche Hannovers ist mit 2,89 Millionen Gemeindegliedern die größte evangelische Landeskirche in Deutschland.



Die Einführung nahm der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Bayerns Landesbischof Johannes Friedrich, vor. Er hob die Aufgabe eines Bischofs hervor, sich für die Einheit in seiner Kirche und zwischen den Kirchen zu engagieren. In seiner Predigt warnte Meister mit Blick auf die Atomkraftwerke vor "trügerischer Sicherheit". In der Frage müsse auch die Sicherheit der kommenden Generationen berücksichtigt werden.



Beim Empfang zu Ehren des neuen Landesbischofs mahnte der katholische Bischof von Hildesheim, Norbert Trelle, ein gemeinsames Auftreten der Kirchen "in der Frage nach zukünftig verantwortbaren Energieformen" sowie mit Blick auf die Flüchtlinge im Mittelmeerraum an.



Ein leidenschaftlicher Prediger

Grundsätzliche Lebenseinstellungen, die von der Jugend bis ins hohe Alte starr bleiben, findet der künftige hannoversche Bischof Ralf Meister eher verdächtig. Bewegung und Veränderung bestimmen die Lebensgeschichte des 49-Jährigen. Mit Meister tritt ein leidenschaftlicher Prediger an die Spitze der Landeskirche mit knapp drei Millionen Mitgliedern. Der bisherige Berliner Generalsuperintendent charakterisiert sich selbst als "ein Wandernder in dieser Welt". Die Attraktivität des Neuen, der schmerzhafte Abschied vom Alten und dazwischen immer wieder die Suche nach einem Ganzen: "Das ist eine Melodie meines Lebens", sagte er in einem Interview mit der "Evangelischen Zeitung" und dem epd.



Seit Mai 2008 predigte der gebürtige Hamburger gegen den "verbreiteten Gewohnheitsatheismus" in Berlin an. Im dortigen Sprengel mit rund 720.000 Gemeindemitgliedern traf er auf Menschen, die keine Großeltern, Eltern oder Freunde hatten, die sie mit dem Glauben vertraut machten, erläutert er: "Und die ihnen zeigen konnten, dass es auch im Christentum eine frohe, offene Wahrnehmung des Lebens gibt."



Dem Theologen ist es wichtig, schwierige theologische Themen so aufzubereiten, dass jeder sie verstehen kann: "Das gelingt oft, aber nicht immer." Gelernt hat er dieses Handwerk auch als langjähriger Autor von Morgenandachten im NDR und als "Wort zum Sonntag"-Sprecher in der ARD. Die Kritikkultur bei den Medien findet er befreiend: "Wer öffentlich reden will, muss präzise formulieren und sich auf die Hörerinnen und Hörer einstellen. Das hat mich sehr gereizt."



Viele Jahre Rundfunkpastor

Folgerichtig war Meister fünf Jahre lang Rundfunkpastor in Kiel, dann von 2001 bis 2008 Propst in Lübeck. Von dort führte ihn sein Weg nach Berlin und jetzt nach Hannover. Studiert hat Meister neben Theologie auch Judaistik, ein Jahr lebte er deshalb in Jerusalem.



Die Stellen, auf die er sich im Lauf seines Lebens von sich aus beworben hat, bekam er nicht, erzählt der hochgewachsene Norddeutsche mit dem immer noch leichten Hamburger Tonfall. Immer hätten ihn andere gefragt. "Sonst wäre ich vielleicht Pfarrer in London geworden oder nach Beirut gegangen." Gott habe eben bestimmte Wege verhindert und andere möglich gemacht: "Und nun bin ich da."



Sein erstes Ziel für die nächsten Monate sieht der neue Bischof darin, seine Landeskirche zwischen Harz, Heide und Nordsee kennenzulernen: "Das ist eine klare Binnenperspektive, aus der aber nachhaltig Linien erwachsen werden."



Scheidung als Niederlage

Ein paar dieser Linien zeichnen sich bereits ab. Der gewaltlose Widerstand der Kirchengemeinden in Gorleben gehört dazu, das Kirchenasyl für Flüchtlinge und die Massentierhaltung, "wo Ökonomie und Ethik aufeinander bezogen werden müssen". In kritischen gesellschaftlichen Situationen sollte auch der Bischof klärend oder deutend einen Satz sagen, betont Meister: "Der muss aber immer theologisch klar begründbar sein."



Zu der bittersten Niederlage in seinem Leben zählt der in zweiter Ehe verheiratete Vater von drei Kindern seine Scheidung vor mehr als einem Jahrzehnt: "Daran trage ich bis ans Ende des Lebens, und ich muss gestehen, dass all die Erklärungsversuche und Aufmunterungen anderer nicht bei der Frage der eigenen Schuld helfen." Doch besonders im Scheitern sieht sich Ralf Meister als ein Gegenüber zu Gott und erinnert sich an sein Lebensmotto, das auch sein Konfirmationsspruch war: "Weise mir, Herr, deinen Weg."