Die Proteste der Hebammen gehen weiter

"Das bricht uns das Genick"

Fast 200.000 Deutsche unterstützten im vergangenen Jahr die Hebammen: In einer Petition forderten sie eine bessere Bezahlung. Getan habe sich seitdem nichts, erklärt Nitya Runte im Interview mit domradio.de, warum sie und ihre Kolleginnen nun wieder auf die Straßen gehen.

 (DR)

domradio.de: Immer mehr Hebammen ziehen sich aus der Geburtshilfe zurück. Warum?  

Runte: Hebammen wurden schon immer unangemessen bezahlt. Schon 2008 lag der Stundenlohn bei durchschnittlich 7,50 Euro - und das bei Sonnenabendarbeit, Feiertagen und 24 Stunden Rufbereitschaft. Jetzt ist noch ein ganz fataler Faktor hinzugekommen: Die Haftpflichtversicherung ist in den letzten zwei Jahren um 200 Prozent gestiegen. Das bricht uns das Genick.



domradio.de: Warum sind die Haftpflichtversicherungsbeiträge so immens gestiegen?

Runte: Nicht, weil es mehr Schadensfälle gibt, die sind rückläufig. Sondern weil der einzelne Schadensfall immer teurer wird, da Pflege- und Heilkosten immer teurer werden und wird den technischen Fortschritt weiterbezahlen. Außerdem wird nicht nur die Behandlung eines einzelnen Kindes bezahlt, sondern auch der mutmaßliche Verdienstausfall, den dieser Mensch in seinem Leben hatte. Wenn das ein Akademikerkind ist, wir ein Akademikergehalt genommen. Es ist aber nicht so, dass vor allen Dingen die Familien klagen, sondern es sind die Krankenkassen, die so versuchen, ihre Kassen zu füllen.



domradio.de: Die Hebamme als aussterbender Berufszweig. Welche Folgen hat das für die Familien und die Geburten in Deutschland?

Runte: Den Frauen wird ihr Grundrecht genommen: die Wahlmöglichkeit, ihr Baby zuhause bekommen, in einem Geburtshaus oder mit einer eigenen Hebamme im Krankenhaus bekommen zu können. Es werden immer weniger Kliniken vorhanden sein, weil viele mit freien Hebammen arbeiten. Die Anfahrtswege in die nächste Klinik werden immer länger, dadurch werden immer mehr Kinder ohne Betreuung auf dem Weg zu Klink geboren, es gibt mehr ungeplante selbstassistierte Hausgeburten.



Weitere Konsequenzen und Forderungen - hören Sie in voller Länge nach. Das Gespräch führte Stephanie Gebert.