Die Zustände auf Lampedusa werden immer dramatischer

"Wir stehen vor dem Kollaps"

Der Bürgermeister der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa hat einen dramatischen Hilfsappell an die EU gerichtet. "Wir stehen vor dem Kollaps und können nicht mehr die öffentliche Ordnung, Sicherheit und Hygiene garantieren", sagte Bernardino De Rubeis am Dienstag im italienischen Fernsehen.

 (DR)

De Rubeis rief Innenminister Roberto Maroni (Lega Nord) auf, bei der tunesischen Regierung eine Einhaltung der Zuwanderungsabkommen zu erwirken. Wenn Lampedusa ein sicherer Ankunftshafen für die Flüchtlinge sein solle, müsse ein unverzüglicher Transfers an andere Orte in Italien gewährleistet sein. Europa warf er vor, "abwesend und untergetaucht" zu sein.



Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) rief die italienische Regierung zu unverzüglichen Maßnahmen gegen die Überfüllung der Insel auf. In einer Mitteilung am Dienstag äußerte sich die Organisation besorgt über wachsende Spannungen unter Ortsansässigen und Ankommenden. Die Inselbewohner reagierten mit "verständlicher Nervosität" auf die Situation. "Wir drängen die italienischen Behörden, die Zahl der Transfers von der Insel zum Festland zu erhöhen, um die Überfüllung auf Lampedusa zu mindern", heißt es in der Erklärung.



Derweil haben sich die Regionen Italiens bereiterklärt, bis zu 50.000 Migranten aufzunehmen. Dabei handele es sich um "eine sehr realistische Zahl", sagte Maroni nach einem Treffen mit den Regionalpräsidenten am Dienstag in Rom. Tourismusministerin Michela Vittoria Brambilla (Volk der Freiheit) stellte Lampedusa Hilfen in Aussicht, damit die kommende Urlaubssaison für die Insel "eine der besten" werde.



Unterdessen verzögerte sich die Entsendung eines Militärschiffs, das Flüchtlinge von Lampedusa zum Weitertransport aufnehmen soll. Maroni hatte die Ankunft der "San Marco" für Dienstag angekündigt. Am Nachmittag lag das Schiff noch im Hafen von Augusta auf Sizilien.

Laut italienischen Medien hatte es noch keine Anweisung zum Ablegen erhalten.



Inzwischen befinden sich auf Lampedusa mehr Flüchtlinge als Einwohner. Nach der Ankunft weiterer Boote am Morgen befanden sich am Dienstag laut Zeitung "Repubblica" (Onlineausgabe) rund 5.500 Immigranten aus Nordafrika auf der Insel mit 5.000 Einwohnern.



Nach UNHCR-Angaben sind seit Mitte Januar mehr als 15.000 Menschen aus Tunesien auf die italienische Insel gelangt. Zwei Drittel von ihnen wurden unterdessen an andere Orte in Italien gebracht. Die große Mehrheit der Zuwanderer habe aus wirtschaftlicher Not den Weg nach Europa gesucht; nur wenige hätten Absichten gezeigt, um internationalen Schutz nachzusuchen.