Mehrere Millionen Euro für Japan gesammelt

Spendenflut für die Industrienation

Der erste Spendenaufruf für Japan ließ nicht lange auf sich warten: Bereits am Tag nach der Katastrophe ging das Bündnis "Aktion Deutschland hilft" an die Öffentlichkeit. Binnen einer Woche sind nun mehrere Millionen Euro eingegangen. Doch eins ist diesmal anders: Zum ersten Mal seit Jahren sammeln die Deutschen für ein Industrieland - immerhin die drittstärkste Wirtschaftsnation der Welt.

 (DR)

Beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) gingen bisher 2,9 Millionen Euro ein. Das Bündnis "Aktion Deutschland hilft", zu dem unter anderem Care Deutschland, Johanniter und Malteser zählen, schaffte es auf 700.000 Euro. Damit ist das Spendenaufkommen nach sieben Tagen so hoch wie nach dem verheerenden Erdbeben im bitterarmen Haiti.



Die Spenden würden komplett an das japanische Rote Kreuz weitergeleitet, sagt DRK-Sprecherin Svenja Koch. In den Katastrophengebieten fehle es immer noch an Wasser, Nahrung und der medizinischen Versorgung. Über 2.000 Pfleger kümmerten sich um traumatisierte Opfer. Weitere Gelder würden für den Wiederaufbau, Gesundheitsstationen oder Benzin genutzt.



Caritas Japan hat seinen Schwerpunkt in der Sozialarbeit, also der Hilfe für Obdachlose, Alte, Behinderte und Kranke, wie Caritas-Sprecher Achim Reinke in Freiburg sagte. Auch die 500.000 japanischen Katholiken hätten eine Spendenkampagne gestartet. Nach der Katastrophe wird der Schwerpunkt im Wiederaufbau liegen, etwa von Gesundheitszentren und Krankenhäusern.



Wegen der eigenen Hilfe-Möglichkeiten Japans wirbt Caritas nicht offensiv um Spenden: "Wir werden unsere Spender nicht extra anschreiben", sagte Reinke. Die Lage sei anders als in einem Entwicklungsland. In Haiti, dem ärmsten Land der westlichen Hemisphäre, habe es durch das Erdbeben im Januar 2010 mehr als 200.000 Tote gegeben.



Aufrufe sind zurückhaltend

Die Organisationen stecken in einem Zwiespalt zwischen japanischem Wohlstand und tausendfachem Leid. Das DRK und das Aktionsbündnis streuen ihre Spendenaufrufe im Fall Japan verhaltener als sonst. DRK-Sprecherin Koch hat bereits kritische Töne zu hören bekommen. Doch aus ihrer Sicht darf man die Japaner nicht für ihren guten Lebensstandard bestrafen.



Auch "Aktion Deutschland hilft" hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. "Wir haben intern lange über einen Spendenaufruf diskutiert", sagt Sprecherin Birte Steigert. Letztendlich habe man sich aber dafür entschieden. "Auch für eine Industrienation wie Japan ist die "Dreifachkatastrophe" eine unvergleichbare Herausforderung." Gemeint sind Erdbeben, Tsunami und die Flucht vor dem drohenden Super-GAU im Atomreaktor Fukushima.



Das Kinderhilfswerk UNICEF spricht von einem "Sonderfall" und verweist im Gegenzug auf die grundsätzlich hohe Spendenbereitschaft der Japaner. "Die Japaner spenden in der Regel mehr als wir", sagt UNICEF-Sprecherin Helga Kuhn.



Vorsicht geboten

Zurückhaltend zeigt sich das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI), das durch die Vergabe des Spendensiegels bekannt ist. Das sensible Vorgehen bei den Spendenaufrufen habe Gründe, sagt DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke. Die mit Spenden bedachten Organisationen sollten jeden Tag überprüfen, ob sie das Geld tatsächlich benötigten. Einige nähmen blind Geld entgegen, ohne eine direkte Verwendung zu haben. Letztendlich sieht aber auch Wilke keine Alternative zum Spenden: "Die Not des einen darf nicht gegen die Not des anderen ausgespielt werden."