Katholische Friedensbewegung kritisiert Militäreingriff in Libyen

"Das Leiden wird vergrößert"

Die internationale katholische Friedensbewegung pax christi lehnt den militärischen Eingriff des Westens in Libyen ab. Johannes Schnettler, Vize-Präsident der deutschen Sektion, befürchtet gegenüber domradio.de "enorme Verluste in der Zivilbevölkerung".

 (DR)

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hatte am Donnerstagabend (Ortszeit) in New York eine Resolution über ein Flugverbot über dem nordafrikanischen Land verabschiedet, um die libyschen Zivilisten vor der Luftwaffe des Machthabers Muammar Gaddafi zu schützen. Erlaubt ist militärisch fast alles - bis auf Bodentruppen. Deutschland enthielt sich in der Abstimmung und will das auch bei Luftschlägen tun.



Das sei eine "militärische Unterstützung der Oppositionsbewegung im Land", so Schnettler im Interview mit domradio.de am Freitag (19.03.2011). Gleichzeitig aber sei auch die Zivilbevölkerung bei möglichen Angriffen aus der Luft gefährdet. Zudem werden die NATO in einen Konflikt hineingezogen, "dessen Folgen noch nichts absehbar sind". Zwar hege pax christi "Sympathien für die Protestbewegung" in Libyen, doch in der Wahl der Mittel liege das große Dilemma. Mit dem Weg, den die Vereinten Nationen nun bereitet haben, werde das Leiden vergrößert.



Thema auch im Bundestag

Nach der Zustimmung des Weltsicherheitsrats zu einer Flugverbotszone wurde das Thema am Freitag auch erneut in den Mittelpunkt der Beratungen im Bundestag gestellt. In einer Regierungserklärung wollte Außenminister Guido Westerwelle am Mittag die deutsche Haltung darlegen. Deutschland hatte sich - gemeinsam mit den Veto-Mächten China und Russland - bei der Abstimmung in dem mächtigen UN-Gremium enthalten und wird auch keine Soldaten nach Nordafrika entsenden.



Um 11.00 Uhr unterbrach der Bundestag seine Sitzung, um den Fraktionen Beratungen über die neue Lage zu ermöglichen. Der Sicherheitsrat hatte in der Nacht mit zehn Stimmen bei keiner Gegenstimme und fünf Enthaltungen für die Resolution, die Mitgliedstaaten ermächtigt, "alle notwendigen Maßnahmen zu treffen", um die Zivilbevölkerung in dem nordafrikanischen Land vor den Truppen von Machthaber Muammar Gaddafi zu schützen.



Westerwelle sagte, die Verschärfung internationaler Sanktionen "begrüßen und unterstützen wir, und das haben wir selbst vorangetrieben". Die in der Resolution "ebenfalls vorgesehene Option einer militärischen Intervention in Libyen" sehe die Bundesregierung indes weiterhin äußerst skeptisch. "Wir sehen hier erhebliche Gefahren und Risiken. Deswegen können wir diesem Teil der Resolution nicht zustimmen."



Beteiligung arabischer Länder

Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz begrüßte den UN-Beschluss. Es sei wichtig, dass es nun für diejenigen Länder, die eingreifen wollten, eine Ermächtigungsgrundlage gebe, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag im Deutschlandfunk. Als "sehr entscheidend" bezeichnete Polenz, dass sich offenbar auch arabische Länder - nämlich Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate - an einer solchen Maßnahme beteiligen wollen. Wäre das nicht der Fall, würde sich der Westen dem Vorwurf ausgesetzt sehen, es gehe ihm im Fall Libyen nur um Öl.



Die Grünen mahnten einen strikt an das humanitäre Völkerrecht gebundenen Einsatz an. Die Einrichtung von Schutzzonen für die Zivilbevölkerung sowie eine Flugverbotszone verschafften Zeit, damit die verschärften Sanktionen an Wirkung gewinnen können, erklärten die Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin in Berlin. Dafür müssten aber auch die Menschenrechte und die Verhältnismäßigkeit der Mittel beachtet werden.



Künast und Trittin sowie Parteichefin Claudia Roth betonten: "Die Maßnahmen der Vereinten Nationen halten wir insgesamt politisch für notwendig, um die Bevölkerung vor schwersten Menschenrechtsverletzungen zu schützen." Sie begrüßten zugleich, "dass der Sicherheitsrat die Entsendungen von Besatzungstruppen ausdrücklich ausschließt".



Die Linke kritisierte den Beschluss. So richtig es sei, dem mörderischem Treiben des Gaddafi-Regimes Einhalt zu gebieten, so falsch sei es, dies mit Krieg erreichen zu wollen, erklärten die Vorsitzenden von Partei und Fraktion, Gesine Lötzsch, Klaus Ernst und Gregor Gysi. Aus dem Bürgerkrieg in Libyen drohe ein international geführter Krieg zu werden.