Japaner bemühen sich trotz der Katastrophe um Gelassenheit

"Wir werden die Schwierigkeiten überwinden"

Just, als in Japan die Katastrophe ihren Lauf nahm, besuchte eine Delegation der katholischen Sophia-Universität in Tokio das Kölner Partner-Erzbistum. Angst vor der Zukunft, Angst vor einer atomaren Katastrophe lässt sich Uni-Präsident Toshiaki Koso nicht anmerken. Ein Treffen.

Autor/in:
Kerstin Kotterba
 (DR)

Toshiaki Koso lächelt und erzählt von den schönen Tagen in Deutschland. Der Präsident der katholischen Sophia-Universität in Tokio lobt die deutsche Gastfreundschaft und die guten Gespräche, die er derzeit in Tokios Partnerbistum Köln führt. Die angestrengt zusammengefalteten Hände, die gerunzelte Stirn und die müden Augen des Jesuitenpaters zeigen jedoch, dass seine Gedanken ganz woanders sind: Bei Freunden und Bekannten in der japanischen Heimat. Dort, wo am vergangenen Freitag die Erde bebte und tausende Menschen ihrer Existenz beraubt wurden. Dort, wo nach den Explosionen im Kernkraftwerk Fukushima eine atomare Verseuchung droht.



Trotz der vielfältigen Begegnungen in Köln bekennt Koso, er sei traurig, gerade in dieser schwierigen Zeit seinen Landsleuten nicht beistehen zu können. "Ich sorge mich den ganzen Tag um die Menschen zu Hause". Mit einer Gruppe japanischer Studenten und Universitätsmitglieder hat er sich zu einem mehrtägigen Besuch in die Rheinmetropole begeben. Seit mehr als fünf Jahrzehnten besteht zwischen den Erzdiözesen Köln und Tokio eine Partnerschaft - auch wenn sich weniger als ein Prozent der 125 Millionen Japaner zum katholischen Glauben bekennen.



Universität nur gering betroffen

Erst langsam werde seinen Landsleuten das Ausmaß der Katastrophe bewusst, meint Koso. Die japanische Delegation habe bereits am Samstag nach Deutschland reisen wollen, doch nach dem Beben seien die Straßen unpassierbar gewesen. Die Abreise musste um einen Tag verschoben werden. Über seine persönlichen Eindrücke nach dem Beben, über das Ausmaß der Katastrophe redet er nur ungern. "Die Leute waren unruhig, sie waren erschrocken und hatten Angst." Denn mit einem Beben der Stärke 9 habe keiner gerechnet. Zum Glück, so Koso, habe die Sophia-Universität nicht allzu stark unter den Erdstößen gelitten. Lediglich in der Bibliothek seien Regale umgestürzt und in den Wänden gebe es kleinere Rissen. "Das ist gut - denn Ende März kommen schon die neuen Studenten", meint Koso.



Der deutsche Pater Franz-Josef Mohr, der mit rund 60 Jesuiten in der Erzdiözese Tokio lebt und die japanische Delegation begleitet, weiß zwar um die fast schon sprichwörtliche japanische Gelassenheit. Doch die Ängste der Menschen seien deutlich zu spüren, sagt er. Mohr war bereits vor dem Beben nach Deutschland gereist und erfuhr zunächst in den Nachrichten von dem schrecklichen Ereignis. "Ich habe sofort versucht, in Tokio anzurufen, aber die Leitungen waren ständig besetzt", erzählt der Jesuit. Erst am späten Nachmittag Ortszeit erreichte er seine Sekretärin. "Sie war erschrocken und durcheinander und konnte auch nichts Genaues sagen", so Mohr. "Das schlimme war der Tsunami, der hat einfach alles weggespült", erzählt der Pater. Vor allem die zerstörte Infrastruktur bereite den Helfern und der notleidende Bevölkerung Probleme.



Bürger waren sich Risiko bewusst

Auch für Toshiaki Koso war die starke Flutwelle plötzlich gekommen - vor allem Holzhäuser seien von der Flutwelle wie Papier weggespült worden. Über das Handy und per Fax hält der Hochschullehrer regelmäßig Kontakt in sein Heimatland. Der erste Gang in seinem Hotelzimmer führt ihn immer zum Fernseher, um die neuesten Nachrichten zu erfahren.



Angst vor der Zukunft, Angst vor einer atomaren Katastrophe lässt sich Toshiaki Koso nicht anmerken. Bereits beim Bau der Atomkraftwerke seien sich die Bürger des atomaren Risikos bewusst gewesen. "Das Volk hat darauf vertraut, dass die Werke erdbebensicher sind", so Koso. Auch jetzt - wo immer mehr radioaktive Strahlen nach außen gelangen, "gehen die Japaner gefasst mit der Situation um". Über die Folgen für das Land, die Wirtschaft und die Menschen- darüber will er nicht reden. Stattdessen bedankt sich Koso für die Hilfsbereitschaft der Deutschen. Nicht nur finanziell, sondern auch im Gebet hätten seine Landsleute bereits viel Unterstützung erfahren. Der Japaner sagt, er könne immer noch zuversichtlich in die Zukunft schauen: "Mit japanischen Technologien werden wir die Schwierigkeiten schon überwinden."