Montag: Post aus Paderborn vom domradio.de-Chefredakteur

Frisches Blut und Das Einzig Wahre

Ingo Brüggenjürgen hat sich gemeinsam mit seinen Redakteuren aus der Theologie-Redaktion und dem Technikertrupp nach Paderborn aufgemacht, kein Feindesland für ihn, den Köln-Immi aus Rheda-Wiedenbrück. Hier berichtet Brüggenjürgen von Bischöfen, Buße, Blut und Bier.

 (DR)

"Nur fünf Minuten hier unten immer an der Pader entlang - das große dunkelrote Hotel können Sie gar nicht verfehlen!",  weist eine alte Spaziergängerin freundlich den Weg. In der Tat, die großen Buchstaben "Welcome-Hotel" sind wirklich nicht zur übersehen. Direkt daneben leuchtet das große Logo "Warsteiner" - und die grauen werbegeprägten Gehirnzellen ergänzen leise "Das Einzig Wahre". Unter diesem Bierlogo also müssen alle Kardinäle, Erzbischöfe, Bischöfe und Weihbischöfe hindurch, wenn sie ihren Tagungsort der diesjährigen Frühjahrsvollversammlung aufsuchen. Das Einzig Wahre - für die Männer, die hier nach der ewig gültigen Wahrheit suchen - jedenfalls nach dem richtigen Weg dorthin.



Erstmalig seit 1848 treffen sich also die katholischen Oberhirten in der altehrwürdigen Bischofsstadt an der Pader. Warum erst so spät der Aufbruch in die tief-westfälische Bistumsprovinz? "Seit dem die Bischöfe sich auch in Hotels treffen - früher gingen die ja nur in Bistumseinrichtungen - konnten wir sie auch in Paderborn endlich vernünftig beherbergen", versichert der Paderborner Pressesprecher Aegidius Engel. Was?, fragt sich leicht irritiert der verwunderte Fragesteller - im gut katholischen Paderborn hat es über all die Jahre bis heute keinen Platz für die Bischöfe in einer katholischen Herberge aufgetan? Eigentlich ist Paderborn doch ein Synonym für viele große Klöster und kirchliche Häuser und Einrichtungen? Irgendwas scheint da nicht mehr so wie früher zu funktionieren…



Früher konnte man angeblich an der Anzahl der Pferdegespanne den Kirchentitel ablesen - heute dürfte es schwieriger sein, die PS-Zahl der Autolimosinen den jeweiligen Bischöfen zuzuordnen. Vielleicht gibt es aber auch im motorisierten Zeitalter einfach mehr hochrangige Bischöfe, denen einfach mehr Pferdestärken zustehen. Die 69 Bischöfe, die jetzt von Ihren Fahrern aus allen deutschen Landen im Minutentakt vor dem Hotel ausgesetzt werden, finden schnell eine Bleibe. Alles ist gut vorbereitet. Normale Gäste können derzeit nicht buchen - "Geschlossene Gesellschaft" quasi. Und die Bischöfe wollen unter sich bleiben. Nur die Meute der Journalisten hat zwei viel zu kleine Arbeitsräume unter dem gleichen Dach. Der Presseandrang ist riesig - und das trotz aller schlechten Nachrichten aus Japan.



Nach dem Statement, das der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch professionell zum Begin abspult, dürfen die Journalisten einen Blick ins "Allerheiligste" des Hotels werfen. Ernüchternd: Da, in einem völlig kühlen und schmucklosen Allerweltshotelsaal tagen sie also nun die nächsten vier Tage: Missbrach, Memorandum, PID, Zukunft der Pflege im Alter, Papstbesuch, neues Gotteslob…  Bei den schwierigen Themen scheint die trockene Atmosphäre angemessen, aber wenig hilfreich. Neidisch ist der nüchterne Betrachter bestimmt nicht, wenn er die Bischöfe aufgereiht wie in einem Klassenzimmer sitzen sieht. Vorne ein Tisch, an dem quasi der Vorstand ein wenig höher die Plätze eingenommen hat - mit dem Vorsitzenden in der Mitte - eingerahmt von den Kardinälen und Erzbischöfen… Selbst der Beamer unter der Decke bringt keinen Glanz in diese Hütte… Wie gut, dass jemand daran gedacht hat, wenigstens ein Vortragekreuz links in der Ecke aufzustellen. Das mag in den schwierigen Stunden der Beratung und Diskussion hoffentlich Halt geben. Für alle anderen Fälle warten draußen vor dem Sitzungsraum leckere westfälische Häppchen und süße Teilchen. Fastenzeit hin oder her - diese Nervennahrung sei den Bischöfen gegönnt…. Und draußen vor dem Welcome Hotel mit dem zu dicken Wahrsteiner Logo fährt ein Lautsprecherwagen des Deutschen Roten Kreuz vorbei - der zu Blutspenden aufruft. Frisches Blut und das Einzig Wahre sind hier jetzt angesagt: Willkommen in Paderborn!