Erzbischof Zollitsch würdigt das neue Jesusbuch des Papstes

Eine große Summe der Theologie des Papstes

Erzbischof Robert Zollitsch, hat das neue Jesusbuch von Papst Benedikt XVI. als "Meilenstein" gewürdigt. Benedikt nehme mit diesem "geistlichen und existenziellen Buch" die Zweifel des modernen Menschen am christlichen Glauben ernst und werbe für eine lebendige "Freundschaft mit Jesus". Es gibt aber auch kritische Stimmen.

 (DR)

Der zweite Teil des Jesusbuches von Papst Benedikt XVI. erntet Lob und Kritik. Während Kirchenvertreter den theologischen Gehalt des am Donnerstag im Vatikan vorgestellten Werks hervorhoben, kam Kritik aus akademischen Kreisen. Der zweite Teil des auf drei Bände angelegten Werks "Jesus von Nazareth" handelt von den letzten Tagen in Jerusalem, der Kreuzigung und der Auferstehung Jesu. Es erscheint zeitgleich in acht Sprachen.



Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, nannte das Buch einen wichtigen Impuls für das gesellschaftliche Gespräch über Religion. Es handele sich um ein "geistliches und existenzielles Buch", mit dem der Papst auch die "Zweifel des modernen Menschen" am christlichen Glauben aufnehmen wolle, sagte Zollitsch in Frankfurt. Der Freiburger Erzbischof sprach von einem Meilenstein und der "Fortschreibung der großen Summe der Theologie dieses Papstes". Dieser zeige in dem Buch, dass der Auslöser für den Glauben an Jesus als Sohn Gottes "nicht nachösterliche Verkündigung, sondern der historische Jesus von Nazareth selbst" sei.



Schick: "Lesbar und lesenswert"

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick bezeichnete das Buch als für jeden "lesbar und lesenswert". Es sei zugleich das persönlichste Buch, das er kenne. Sicher setze es fachliches Grundwissen voraus. So gebe es Teile, die theologisch sehr anspruchsvoll seien, und andere "die sehr einfach sind, die Herz und Seele ansprechen". Das Buch werde auch der Ökumene einen neuen Impuls geben. Es lenke von Kontroversthemen zum verbindenden Ursprung Jesus von Nazareth hin.



Ein "großartiges und sehr persönliches Geschenk" nannte der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann das Buch. Benedikt XVI. führe darin das österliche Geheimnis vor Augen "und damit das Geheimnis unserer Erlösung", erklärte er. Seine einfache und zugleich klare Sprache sei "wohltuend" und helfe, in das Geheimnis der Erlösung durch Jesus Christus hineinzufinden.



Der vatikanische "Ökumene-Minister" Kurt Koch erklärte, mit dem Buch zeige Benedikt, dass die "innere Erneuerung der Kirche" sein Hauptanliegen sei. Benedikt betone zurecht, "dass man nicht unterscheiden kann zwischen dem historischen Jesus und dem Jesus des Glaubens", sagte Kardinal Koch, der den Päpstlichen Einheitsrat leitet.



Auch das evangelische Ökumene-Institut bezeichnete das Buch als lesenswert. "Es ist dem Papst zu wünschen, dass es seinem Buch gelingt, viele Leser zu einer Begegnung mit Jesus zu verhelfen", sagte der Catholica-Referent des Konfessionskundlichen Instituts im hessischen Bensheim, Paul Metzger. Benedikts Jesus gehe jedoch in der katholischen Lehre auf. Aus evangelischer Sicht wünsche man sich eher einen konfessionslosen Jesus.



Der Bochumer Theologieprofessor Thomas Söding sprach von einem Buch, das die Gewaltlosigkeit Jesu und das Mitleiden Gottes in den Mittelpunkt stelle. Benedikt XVI. wisse als herausragender Wissenschaftler, dass "eine faire, harte Kritik die höchste Form der Anerkennung ist". Die Theologie müsse aber aufpassen, dass "die Debatte offenbleibt. Es kann nicht sein, dass jemand Nachteile erleidet, weil er nicht mit dem Papst übereinstimmt".



Boff: Wissenschaftliche Eitelkeit

Der brasilianische Theologe Leonardo Boff griff den Papst für dessen theologisches Wirken scharf an. Er sei ungeeignet, der Kirche das Prophetische wiederzugeben, sagte Boff dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Statt den Glauben zu stärken, frönt er seiner wissenschaftlichen Eitelkeit", so Boff, der in den 1980er Jahren von Kardinal Joseph Ratzinger, dem damaligen Präfekten der Römischen Glaubenskongregation und heutigem Papst, mit einem Rede- und Lehrverbot belegt worden war.



Scharfe Kritik an dem Papstbuch kam auch von dem Althistoriker Gerd Lüdemann. Benedikts Jesusbild widerspreche den Ergebnissen der historischen Forschung, schrieb der Göttinger Professor für christliche Frühgeschichte in der "Frankfurter Rundschau". Dabei orientiere sich der Papst "an den allgemein als sekundär eingestuften Evangelien". Die ältesten Ostertraditionen sprächen gar nicht von einer Begegnung zwischen Menschen und dem auferstandenen Jesus.