Aktion Sühnezeichen feiert 50 Jahre Engagement in Israel

Lebendige Brücken

Eines der "großen Wunder der Geschichte" nannte es Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem jüngsten Israel-Besuch Anfang Februar, dass sich Menschen in Israel heute als Partner der "Aktion Sühnezeichen Friedensdienste" engagieren. 50 Jahre nach seiner Gründung feiert die Aktion ein ganzes Jahr lang – und ab Sonntag besonders in Jerusalem.

 (DR)

Die zentrale Geburtstagsfeier findet vom 6. bis 8. März in Jerusalem statt. Den Dankgottesdienst am Sonntag (06.03.2011) in der Erlöserkirche gestalten ASF und die Gemeinde gemeinsam, am folgenden Empfang nimmt auch die Vizepräsidentin des Bundestages Katrin Göring-Eckardt teil. Beim Festakt am Montagabend hält die Präsidentin des Bundesrates, die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die Hauptrede.



Was heute selbstverständlich erscheint, hätten vor fünfzig Jahren die wenigsten zu hoffen gewagt. Aus ein paar deutschen Freiwilligen in einem Kibbuz ist eine Erfolgsgeschichte der deutsch-israelischen Verständigung geworden.



Am 3. Oktober 1961, dreieinhalb Jahre nach der Gründung der "Aktion Sühnezeichen", begann eine erste Gruppe Deutscher ihren Freiwilligendienst in einem Bauprojekt des Kibbuz Urim in der Negev-Wüste. "Beginnen wir mit Polen, Russland und Israel, denen wir am meisten wehgetan haben" - wäre es nach den Gründungsmitgliedern des christlich inspirierten Hilfswerks gegangen, dann hätte ASF seine Arbeit als "Zeichen der Umkehr der Deutschen", so der Gründungsaufruf, gleich 1958 in Israel aufgenommen. Aber Freunde vor Ort rieten ab - zu groß waren die Vorbehalte gegen deutsche Gruppen in Israel.



"Noch sehr dicke Bretter" gebohrt

Beide Länder taten sich schwer, zu einer tragfähigen Beziehung zu finden. Erst 1952 hatten Israel und Deutschland das "Luxemburger Abkommen" über Wiedergutmachungszahlungen unterzeichnet, und bis zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Ländern vergingen weitere 13 Jahre. "Die ersten Freiwilligengenerationen", sagt die heutige Leiterin von ASF Israel, Katharina von Münster, hatten "noch sehr dicke Bretter zu bohren".



Langsam baute die Organisation, die seit 1968 den Namenszusatz "Friedensdienste" trägt, ihre Arbeit in Israel aus. Von der anfänglichen Kibbuzarbeit verschob sich der Fokus auf Freiwilligendienste in sozialen Einrichtungen - noch heute einer von zwei Schwerpunkten ihrer Arbeit in Israel. Ein besonderer Erfolg ist es für von Münster, dass ASF seit über 30 Jahren mit Überlebenden der Schoah zusammenarbeitet - der zweite Schwerpunkt der Arbeit in Israel.



Kontakte in die Palästinensergebiete bleiben sensibles Thema

Weit verzweigt ist heute die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Israel. Sie reicht von Politik und Wirtschaft bis zu Austauschprogrammen in Wissenschaft, Kultur und Sport. Dass junge Deutsche nach Israel kommen, ist eine "gewisse Selbstverständlichkeit" geworden, wie es die ASF-Israel-Leiterin formuliert. Mehr noch: Seit einigen Jahren wächst auch das Interesse junger Israelis, mit Organisationen wie ASF nach Deutschland zu gehen, für von Münster "eine große Entwicklung". Aus dem deutschen Anliegen, ein Sühnezeichen setzen zu wollen, sei so längst das deutsch-israelische Anliegen geworden, gemeinsam zu erinnern und gemeinsam die Gegenwart zu gestalten.



Aus dem israelisch-palästinensischen Konflikt hält sich Aktion Sühnezeichen Friedensdienste weitestgehend heraus, und Kontakte in die Palästinensergebiete bleiben ein sensibles Thema. Für sich formuliert die Organisation den Anspruch, ihre Freiwilligen sollen sich selbst ein Bild machen. Dass sie ihre Rolle ganz klar "zuvorderst in Israel" sieht, beschränkt auf Israels Kerngebiet in den 1967er Grenzen, ist für die positive Wahrnehmung von ASF in Israel sicherlich ebenso hilfereich wie der 1990 gegründete Freundeskreis, der die ausländische Organisation über ein einheimisches Gremium in der israelischen Gesellschaft verankert.



Entsprechend gut ist die Unterstützung aus dem israelischen Sozialministerium; Probleme mit Visa für die Freiwilligen sind selten. Über 1.500 Freiwillige in Israel seit 1961 und jährlich mehr Interessenten als freie Plätze: ein klarer Erfolg für das Programm, das laut eigenen Angaben heute viel Anerkennung und Wertschätzung in Israel erfährt. Die Jubiläumsfeierlichkeiten sollen mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit bringen. Denn bei aller Wertschätzung ist die Organisation relativ wenig bekannt. Lange scheuten die Verantwortlichen eine aktive PR-Arbeit - um sich nicht mit den entsandten Freiwilligen zu schmücken. Dabei, ist von Münster überzeugt, könne das Wissen "um so viele junge Leute, die hier ein Jahr ihres Lebens schenken", nur förderlich sein für das Beziehungsnetzwerk Deutschland-Israel.