Chiles Präsident besucht Papst

Eine katholische Erfolgsstory

Chiles Kirche blickt rund ein Jahr nach dem verheerenden Erdbeben in dem südamerikanischen Land wieder zuversichtlich in die Zukunft. Der Wiederaufbau der zerstörten Gotteshäuser wird in Kürze aufgenommen. Rund um das Epizentrum des Bebens vom 27. Februar 2010 waren rund 80 Prozent aller katholischen Kirchengebäude dem Erdboden gleichgemacht worden. Chiles Staatschef Sebastian Pinera war jetzt beim Papst.

Autor/in:
Tobias Käufer und Burklard Jürgens
 (DR)

In den sechs am stärksten betroffenen Diözesen hatte die Hilfsorganisation "Kirche in Not" nach eigenen Angaben 42 provisorische "Kapellenzelte" errichtet, die schrittweise bis Jahresende 2011 festen Bauten weichen sollen. Ein chilenischer Architekt hatte die Zelte gleich nach der Katastrophe in Anlehnung an den Schutzmantel der Gottesmutter Maria entworfen.



Grund zum Optimismus verleiht auch die erfolgreiche Vermittlung der chilenischen Kirche im Konflikt zwischen der Regierung von Staatspräsident Sebastian Pinera und den Mapuche. Inhaftierte Vertreter der Ureinwohner hatten im vergangenen Jahr mit einem wochenlangen Hungerstreik auf ihre Situation aufmerksam gemacht. Die Vertreter des Urvolks aus dem Süden Chiles forderten die Abschaffung des Antiterrorgesetzes aus der Zeit von Diktator Augusto Pinochet (1973-1990).



Das Gesetz ermöglicht unter anderem, Demonstranten für das Werfen von Molotow-Cocktails wegen "terroristischer Aktionen" unbegrenzt und ohne Prozess in Untersuchungshaft zu halten. Die Angeklagten können zudem sowohl vor Zivil- als auch Militärgerichte gestellt werden. Der Erzbischof der chilenischen Hafenstadt Concepcion, Ricardo Ezzati, brachte Vertreter beider Seiten an einen Runden Tisch.



Für Chiles Staatschef Sebastian Pinera waren der Mapuche-Konflikt, aber auch der Umgang mit dem Pinochet-Regime Lackmustests dafür, wie ernst er es mit dem Schutz von Grundrechten meint. Menschenrechtsorganisationen und Verbände von Opfern der Militärdiktatur fanden, Pineras Regierung betreibe die Aufarbeitung der Verbrechen unter Augusto Pinochet "unverbindlich". Pineras Worte gingen nicht mit Taten einher, beklagten die Organisationen.



Ein konkreter Streit bezog sich auf die mögliche Begnadigung von ehemaligen Pinochet-Funktionären anlässlich des 200. Jahrestags der Unabhängigkeit Chiles. Pinera entschied sich Ende Juli 2010 gegen eine umfassenden Amnestie - gegen den Wunsch der katholischen Kirche, neben schwangeren Frauen und alten und tödlich erkrankten Gefangenen auch verurteilte Schergen des Diktators in den Gnadenerlass einzuschließen.



Kritiker werfen dem damaligen Wirtschaftsprofessor und jetzigen Staats- und Regierungschef vor, Pinochets Politik zunächst befürwortet und sich erst gegen Ende der Militärdiktatur davon distanziert zu haben. Allerdings stimmte er 1989 gegen eine Verlängerung der Amtszeit des Generals und somit für die Wiedereinführung der Demokratie. Für Kontroversen sorgte die Verflechtung von den wirtschaftlichen Aktivitäten des Milliardärs und Großunternehmers Pinera und seinen politischen Ämtern. Manche nennen ihn deshalb den Berlusconi Chiles.



Diesen seinen italienischen Kollegen besuchte Pinera am Mittwoch - und tags darauf Papst Benedikt XVI. sowie dessen Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Eine offizielle Mitteilung des Vatikan betonte anschließend die "Übereinstimmung zwischen dem Heiligen Stuhl und der chilenischen Regierung hinsichtlich der fundamentalen Werte des menschlichen Zusammenlebens".



Ob es auch um Reisen des Papstes nach Südamerika ging, blieb offen. Bertone hatte bei seinem einwöchigen Aufenthalt im April vergangenen Jahres angedeutet, das Kirchenoberhaupt könne womöglich 2012 persönlich nach Chile kommen - vorausgesetzt, dass "Gott ihm, wie jetzt, eine gute Gesundheit gewährt".