Das Kloster Sankt Marienthal baut wieder auf

Welle der Solidarität nach der Neißeflut

Von der Flut im vergangenen August war die 777 Jahre alten Zisterzienserinnenabtei Sankt Marienthal besonders stark betroffen. Auch ein halbes Jahr nach dem Jahrhunderthochwasser der Neiße müssen noch immer viele der Räume von Deutschlands traditionsreichstem Zisterzienserinnenkonvent Tag und Nacht entfeuchtet werden.

Autor/in:
Markus Nowak
 (DR)

Kelche, Messgewänder oder liturgische Bücher sind in der Sakristei der Klosterkirche von Sankt Marienthal derzeit nicht zu finden. Stattdessen hängen Kabel an den schmutzigen Wänden, dazwischen liegen Heizungsrohre, in der Mitte steht ein Gerät in Staubsauger-Größe und macht nicht weniger Lärm.



"Ein Raumluftentfeuchter, der entzieht der Luft das Wasser und sammelt es in einem Behälter", erklärt Kloster-Priorin Elisabeth Vaterodt. Geradezu fachmännisch kontrolliert die Ordensfrau anschließend an einem Hygrometer die Luftfeuchtigkeit in der Sakristei.



Immer wieder geht die Priorin durch die Erdgeschossräume des Klosters und kontrolliert die Lage, insgesamt 50 Raumluftentfeuchter brummen rund um die Uhr. Doch trotz des Provisoriums, in dem die 15 in Klausur lebenden Ordensfrauen ihren Alltag nun meistern müssen, hat die Priorin ihren Humor nicht verloren. Jetzt habe sie eben eine zusätzlichen Job, sagt sie mit einem Schmunzeln: "Lüftungsbeauftragte".



Schaden von 3,5 Millionen Euro

Alles andere als zum Lachen zumute war den Schwestern noch vor gut sechs Monaten. In der Nacht des 7. August schwappte die Neiße über die mobilen Flutzschutzbarrieren des Klosters und überstieg sogar die bisherige Rekordmarke von 1897 um 20 Zentimeter. Fast alle Bauten der Klosteranlage und das Internationale Begegnungszentrum (IBZ) auf dem Gelände standen bis zu zwei Meter im Wasser. Die 150 Gäste des IBZ wurden zwar rechtzeitig evakuiert, die Schwestern trotzten dagegen mehreren behördlichen Räumungsbefehlen und überstanden die Flut im ersten Stock.



Als existenzbedrohend bezeichnete IBZ-Vorstandsvorsitzender Michael Schlitt damals die Lage für Kloster und das Begegnungszentrum, das in Kooperation mit dem Kloster seit rund 20 Jahren grenzüberschreitende Bildungsangebote macht. Ein halbes Jahr später sieht Schlitt die Lage zuversichtlicher. Mittlerweile sind alle 150 Betten der Begegnungsstätte belegt, die Tagungsräumen im Erdgeschoss zwar vorerst ohne Putz, aber eingeschränkt nutzbar.



Der Schaden von 3,5 Millionen Euro im IBZ kann nach Schlitts Angaben durch Bundes- und Landesmittel, zudem eine größere Zuwendung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und mit Hilfe vieler privater Förderer beseitigt werden. "Wir waren überwältigt von der Zahl der Spender und Helfer", resümiert Schlitt. "Es ist alles nochmal gut gegangen", ergänzt der IBZ-Vorsitzende auch im Blick darauf, dass die 100 Arbeitsplätze erhalten blieben, die das Zentrum schuf.



"Das hat auch etwas Gutes"

Gedämpfter ist die Stimmung bei den Schwestern. Die Flut beschädigte zahlreiche Kunstgegenstände stark, so in der Klosterkirche, die nun für längere Zeit unbenutzbar ist. Der Konvent hält seine Gottesdienste in einer provisorischen Hofkapelle in der ehemaligen Brauerei. "Das hat auch etwas Gutes, so rücken wir mit den anderen Gottesdienstbesuchern zusammen", gewinnen sie auch dieser Situation etwas Positives ab.



Auf über 11 Millionen Euro belaufen sich aber die Schäden in den Konventsbauten. Der Großteil des Restaurierungskosten wird wie beim IBZ durch Landes- und Bundesmittel übernommen. Zudem sind Spendengelder in Höhe von einer Million Euro eingegangen, davon zuletzt 110.000 Euro durch das Bonifatiuswerk, das katholische Einrichtungen in Minderheitenlage fördert. Auch haben sich andere Klöster gemeldet und sogar Mobiliar gespendet. "Wir sind nicht entmutigt", sagt Priorin Vaterodt angesichts dieser Welle der Solidarität. "Wir spüren, wie die einzelnen Glieder der Kirche zusammenhalten und für einander sorgen."