Abtprimas zum Theologen-Memorandum

"Wäre unsere Kirche damit froher?"

Abtprimas Notker Wolf, oberster Repräsentant der Benediktiner weltweit, bewertet das Memorandum von mehr als 250 Theologieprofessoren und Hochschuldozenten zwiespältig. "Vieles von dem, was ich gelesen habe, sollte verwirklicht werden", so der 70-Jährige. Zugleich aber bezweifelte er, ob die Umsetzung der Forderungen zentrale Probleme der katholischen Kirche lösen könne.

 (DR)

"Wäre unsere Kirche damit froher?", fragte Wolf bei einer Veranstaltung des Katholischen Forums Osnabrück zum Thema "Froh Christ sein". Entschieden wandte sich der Ordensmann etwa gegen den Theologenappell, die Kirche brauche künftig verheiratete Priester. Ehelosigkeit werde in der Gesellschaft "nur von der Sexualität" her betrachtet, kritisierte Wolf. "Tun wir doch als Katholen nicht so, als ob es in anderen Kirchen besser ohne den Zölibat wäre." Zu wenige hätten den Mut, auch von einem Leben zu sprechen, dass von der Liebe zu Christus bestimmt sei.



Als wenig hilfreich bezeichnete der Abtprimas zudem die weitgehende Konzentration auf Strukturfragen. Strukturen hätten "noch nie Leben erzeugt", sondern seien vielmehr "Gerippe, wo kein Fleisch dranhängt". Wichtiger seien Schnittstellen in der Botschaft Christi, die Menschen wirklich froh machen könnten. Christentum müsse heute beispielsweise mit der Botschaft des Auferstanden anfangen, dass Gott Mensch geworden sei und den Tod überwunden habe: "Bringen wir diese Botschaft rüber, wenn wir über Sterbehilfe diskutieren?", fragte der Benediktiner.



Froh mache zudem die Gabe Gottes, nach seinem Bildnis geschaffen zu sein. Mitschöpfer unserer Welt zu sein, Kultur zu schaffen und zur Liebe fähig zu sein. Das alles seien großartige Geschenke für den Menschen.



Als Abtprimas ist Notker Wolf der höchste Repräsentant der Konföderation der Benediktiner. Zu ihr zählen mehr als rund 23.000 Ordensmänner und -frauen in weltweit mehr als 800 Klöstern und Abteien.



Unterstützung von rund 20.000 Menschen

In dem Anfang Februar veröffentlichten Memorandum haben inzwischen mehr als 250 Theologieprofessoren und Hochschuldozenten zu Reformen in der katholischen Kirche aufgerufen. Sie plädieren unter anderem für eine stärkere Beteiligung der Gläubigen an der Bestellung von Amtsträgern, die Priesterweihe auch von Verheirateten und damit ein Ende des Pflichtzölibats, eine verbesserte kirchliche Rechtskultur und mehr Respekt vor individuellen Lebensentscheidungen.



Unterstützung unterhalten sie von mittlerweile rund 20.000 Menschen, die einen eigenen Aufruf unterzeichnet haben. Ein Gegenmemorandum, das etwa den Erhalt des Zölibats und ein Ende liturgischer Experimente in der Kirche fordert, hat bislang mehr als 6.000 Unterschriften erhalten.