Besetzung des Erzbistums Berlin ist für den Papst eine Schlüsselfrage

Entscheidung aus Rom

Die Entscheidung, das Rücktrittsgesuch des Berliner Erzbischofs, Kardinal Georg Sterzinsky, anzunehmen, dürfte dem Papst nicht leicht gefallen sein. Wie Kirchenkreise immer wieder betonten, wollte er es eigentlich vermeiden, diesen Schritt in einem Moment mitzuteilen, in dem der Betroffene nach einer schweren Operation im Koma lag.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
 (DR)

Doch der anhaltend dramatische Gesundheitszustand des 75-Jährigen ließ Benedikt XVI. und seinen Mitarbeitern im Vatikan kaum eine Wahl. Wegen des Papstbesuches im September müssen in Berlin in den kommenden Wochen und Monaten wichtige Entscheidungen getroffen werden, für die man wenigstens die Autorität eines gewählten Diözesanadministrators braucht. Und die Aussicht, dass der Papst bei seinem Eintreffen in Berlin ein Haupstadtbistum ohne Bischof antreffen würde, wurde in Rom und Berlin gleichermaßen als problematisch angesehen.



Nach der Entscheidung vom Donnerstag ist der Weg frei für die Nachfolgeregelung, und viel spricht dafür, dass diese vergleichsweise zügig vonstatten gehen wird. Während die Besetzung von Bischofsstühlen in Deutschland oft bis zu einem Jahr dauert, scheint der Vatikan entschlossen, die Nachfolge in Berlin in wenigen Monaten zu regeln. Dann könnte der neue Erzbischof schon in Amt und Würden sein, wenn der Papst am 22. September zu seinem ersten offiziellen Deutschlandbesuch in der Hauptstadt eintrifft.



Damit es, trotz des relativ umständlichen Konsultations- und Wahlverfahrens gemäß dem Preußenkonkordat, schon bald einen neuen Berliner Erzbischof gibt, müssen der Papst und das Domkapitel sich für einen Mann entscheiden, der bereits geweihter Bischof ist. Denn dann entfällt das umfangreiche kircheninterne Prüfungsverfahren, das jeder Kandidat vor der Bischofsweihe durchlaufen muss. Da das deutsche Hauptstadtbistum politisch, gesellschaftlich und medial besonders exponiert, zugleich aber kirchenpolitisch schwierig ist, gilt es als sehr wahrscheinlich, dass die Wahl auf einen Bischof fällt, der bereits Erfahrung mit der Leitung einer Diözese hat.



Aus der Riege der Bischöfe anderer deutscher Bistümer eignen sich etliche für diese herausgehobene Aufgabe, die über kurz oder lang auch den Kardinalstitel mit sich bringt. Einige von den Jüngeren stehen allerdings erst seit kurzer Zeit an der Spitze ihres Bistums, so dass eine "Beförderung" nach Berlin zu rasch wieder eine neue Lücke reißen würde.



Der Trierer Bischof Stephan Ackermann (47), der sich durch umsichtiges Krisenmanagement im Missbrauchskandal bereits bundesweit profiliert hat, wäre nach diesem Kriterium ein Grenzfall. Bei einem Wechsel nach Berlin würde er sein bisheriges Bistum nach nur zweijähriger Amtszeit zurücklassen.



Sein Limburger Amtsbruder Franz-Peter Tebartz-van Elst (51) amtiert schon fast doppelt so lange. Er tut sich aber sichtlich schwer im Umgang mit Medien, die in Berlin eine noch wichtigere Rolle spielen als anderswo. Einer der vielen möglichen Kandidaten ist auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick (61), der schon öfter für neue Aufgaben im Gespräch war. Er leitet das fränkische Diasporabistum bereits seit fast neun Jahren.



Neben diesen und anderen möglichen "Importbischöfen" ist aber auch eine lokale Option nicht ausgeschlossen. Weihbischof Matthias Heinrich (56), ein Berliner Gewächs, der die Lage der örtlichen Minderheitskirche als langfähiger Personalchef so gut kennt wie kaum ein anderer, hat beste Chancen, für die Übergangszeit bis zur endgültigen Bischofswahl zum Diözesanadministrator gewählt zu werden. Ob er sich danach Hoffnungen auf das Amt des Erzbischofs machen kann, wird nicht nur in Rom entschieden, wo er an der renommierten Päpstlichen Universität Gregoriana studiert und promoviert hat. Auch der Kölner Erzbischof Meisner, der Heinrich

1981 als damaliger Berliner Bischof zum Priester weihte und ihn bislang stets förderte, hat ein gewichtiges Wort mitzureden.