Erzbischof Schick drängt auf schnelle Einigung bei Hartz-IV

"Berührt Menschenwürde"

Der katholische Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat die Politik zu einer unverzüglichen Einigung im Streit um die Hartz-IV-Sätze aufgefordert. Die Empfänger von Hartz IV und "besonders ihre Kinder" litten darunter, "dass sie täglich in den Medien vorkommen", sagte Schick am Freitag in Bamberg. Die Betroffenen fühlten sich als Objekte im Parteienstreit und empfänden sich "zunehmend als Belastung für die Gesellschaft".

Erzbischof Ludwig Schick: Fordert Ende der Debatte (KNA)
Erzbischof Ludwig Schick: Fordert Ende der Debatte / ( KNA )

Die seit Monaten andauernde öffentliche Diskussion berühre die Menschenwürde der Hartz-IV-Empfänger und mache viele von ihnen traurig und depressiv. Der Erzbischof sagte, er mache sich aus "seelsorgerlicher Verantwortung" heraus zum Sprecher dieser Menschen und fordere die Parteien auf, endlich eine Einigung herbeizuführen.Die Politik müsse vor allem an die Kinder denken, sagte Schick. Ihnen müssten "gute Entwicklungs- und Bildungschancen garantiert werden".

In diesem Bereich könne man keinen Euro zu viel investieren.



Die Ausgangslage für die neue Hartz-Verhandlungsrunde am Sonntag ist schlecht. Die Vorgespräche der Ministerpräsidenten sorgen für Unmut bei Union und FDP im Bund. Die CSU-Landesgruppe im Bundestag wandte sich am Donnerstag klar gegen die Absprachen der Länderchefs und äußerte sich insbesondere verärgert über Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU). Auch Spitzenpolitiker der FDP kritisierten das Vorpreschen der Landesfürsten. SPD und Grüne forderten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf einzugreifen.



Die Ministerpräsidenten von Bayern, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt - Seehofer, Kurt Beck (SPD) und Wolfgang Böhmer (CDU) - hatten am Dienstagabend einige Punkte für die weiteren Hartz-Beratungen abgesteckt. Sie zeigten sich unter anderem offen dafür, den Regelsatz um acht statt um fünf Euro zu erhöhen. Am Sonntagnachmittag ist nun ein Treffen in größerer Runde geplant.



Seehofer verteidigte das Ergebnis der Vermittlungsbemühungen mit seinen Amtskollegen. "Ich bin überzeugt, dass es in der Sache und gemessen an den finanziellen Größenordnungen der richtige Weg ist", sagte der CSU-Chef. Die besprochene Acht-Euro-Erhöhung sei keine Willkür. Der Satz würde mit dem Schritt lediglich an die Preisentwicklung angepasst.



Ärger über Seehofer in der CSU

Seine Parteikollegen sind jedoch anderer Meinung. Wie die Nachrichtenagentur dapd aus Führungskreisen der CSU-Landesgruppe erfuhr, gibt es "massiven Unmut" über die Verhandlungsführung der Ministerpräsidenten, insbesondere über Seehofer. "Ein neuer Schlagabtausch" mit dem CSU-Chef "scheint unausweichlich", hieß es.



Die Landesgruppe trage das, was die Länderchefs vorgelegt hätten, nicht mit, verlautete aus den Kreisen. Vor allem gebe es keinen Spielraum für eine weitere Regelsatzerhöhung.



Auch von Bundespolitikern der FDP kam scharfe Kritik an der Länderinitiative. "Es ist nicht die Stunde von drei Ministerpräsidenten, die überlegen, wie sie möglichst viel Geld des Bundes ausgeben können", sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Ein Plus um acht Euro beim Regelsatz lehnte sie ab. "Die Erhöhung des Regelsatzes um fünf Euro ist seriös berechnet. Ich habe kein Verständnis dafür, dass es plötzlich zugeht wie auf dem Basar", sagte die FDP-Politikerin. "Es wird weder auf 8 noch auf 17 und schon gar nicht auf 23 Euro hinauslaufen."



Auch FDP-Generalsekretär Christian Lindner betonte: "Eine willkürliche Erhöhung des Regelsatzes wird es nicht geben." Die Koalition werde keinen "Kuhhandel" der Länder zu Lasten der Steuerzahler eingehen.



"Kanzlerin muss Hick-Hack beenden"

SPD und Grüne forderten die Kanzlerin zum Eingreifen auf, um das interne Gerangel zu beenden. SPD-Chef Sigmar Gabriel mahnte, Merkel müsse mit CSU-Chef Seehofer und dem FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle für eine klare Linie innerhalb der schwarz-gelben Koalition sorgen. Es sei für alle Beteiligten unzumutbar, dass bei Union und FDP seit Wochen "die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut".



Die SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig sagte: "Es ist die Verantwortung der Bundeskanzlerin, das Hick-Hack um die Hartz-IV-Verhandlungen in den eigenen Reihen zu beenden." Beck, Böhmer und Seehofer hätten eine "gute und realistische Grundlage" gelegt. Union und FDP müssten nun konstruktiv an die Verhandlungen herangehen. "Wir sind gesprächs- und verhandlungsbereit."



Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast verlangte von Merkel, den Fortgang der Hartz-IV-Gespräche zur Chefsache zu machen. "Die Bundeskanzlerin muss sich reinhängen", sagte sie im dapd-Interview. Die Grünen seien "bereit zu Gesprächen, und zwar jederzeit".