EU-Kommission und Ungarn legen Streit über Mediengesetz bei

Pressefreiheit mit Abstrichen

Der wochenlange Streit zwischen der EU-Kommission und Ungarn über das neue ungarische Mediengesetz ist beigelegt. Die für Medien zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes erklärte, sie sei zufrieden mit den von Ungarn vorgeschlagenen Änderungen. Europaparlamentarier und Journalistenverbände reagierten teils mit Kritik.

 (DR)

Laut Kroes will Budapest unter anderem die im Gesetz vorgesehene Verpflichtung zu einer "ausgewogenen Berichterstattung" modifizieren. Sie soll künftig nur noch für den Rundfunk gelten, nicht mehr für andere Medien wie etwa Text- oder Videoblogs. Aus dem Europaparlament kamen am Abend allerdings gemischte Reaktionen auf die Einigung.



Geldbußen fallen für ausländische Medien bei Verstoßen weg

Auf diese Weise will die ungarische Regierung mehr Pressefreiheit gewährleisten. Zu diesem Zweck fallen auch die Geldbußen weg, die für ausländische Medien vorgesehen waren, wenn sie gegen bestimmte Regelungen im ungarischen Recht verstoßen. "Für die Medien gilt generell das Recht des Herkunftslands", unterstrich Kroes. Für eine Reihe von Medien wird auch die Registrierungspflicht gelockert: Vorgesehen ist nun eine Registrierung 60 Tage nach dem Start des Angebots, eine vorherige behördliche Genehmigung ist nicht mehr nötig.



Nicht geändert wird dagegen die Zusammensetzung des neuen ungarischen Medienrats. Dieser war von ungarischen Intellektuellen besonders heftig kritisiert worden, weil er ausschließlich mit Vertrauten des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban besetzt ist. Hier gebe es aber keine Handhabe auf Basis des EU-Rechts, hieß es aus der Kommission.



Weiter unter Beobachtung

"Ich bin sehr zufrieden über die Zusage Ungarns, das Gesetz so zu ändern, dass es mit dem EU-Recht einschließlich der EU-Grundrechtecharta übereinstimmt", sagte Kroes. "Wir werden die Situation weiter genau beobachten, um sicherzugehen, dass die Änderungen ins Recht eingehen und in der Praxis angewandt werden." Der Streit zwischen Ungarn und Brüssel hatte international für großes Aufsehen gesorgt, weil Ungarn im Januar für sechs Monate die EU-Präsidentschaft übernommen hatte. Das neue Mediengesetz war am 1. Januar in Kraft getreten.



Europaparlamentarier reagierten unterschiedlich auf die Einigung. Die Übereinkunft biete keine Garantie für Pressefreiheit, kritisierten Sozialdemokraten, Liberale, Grüne und Linke am Mittwochabend während einer Debatte in Straßburg. So sei der Medienrat nach wie vor politisch einseitig besetzt. Die Christdemokraten und die Konservativen erklärten dagegen, die Beratungen seien erfolgreich zu Ende gegangen, Schwachstellen des Gesetzes würden nun beseitigt.



Entscheidende Probleme seien nicht angegangen worden

"Die Medienbehörde und der Medienrat sind nach wie vor politisch homogen", sagte der sozialdemokratische Parlamentarier Claude Moraes. "Sie üben eine tief greifende Kontrolle über alle Medien aus." Zwar sei es grundsätzlich zu begrüßen, dass die ungarische Regierung zu Änderungen bereit sei. Die entscheidenden Probleme seien aber gar nicht angegangen worden.



Ähnlich äußerte sich die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Rebecca Harms. Die liberale Parlamentarierin Renate Weber sagte: "Die Versuche, die Medien zu kontrollieren, sind noch nie so weit gegangen." Der Parlamentarier Rui Tavares von der Linksfraktion unterstrich: "Die Kommission ist der ungarischen Regierung in die Falle gegangen." An den Problemen habe sich kaum etwas geändert, so drohten den Medien zum Beispiel immer noch hohe Geldbußen.



Der Christdemokrat Joseph Daul, Chef der größten Parlamentsfraktion, ergriff hingegen Partei für die EU-Kommission und die ungarische Regierung. "Die Beratungen wurden heute erfolgreich beendet", sagte er. Er unterstrich, dass die Attacken gegen das Gesetz politisch motiviert sowie "voreilig und nicht gerechtfertigt" gewesen seien. "Die EU-Kommission hat bestätigt, dass das Gesetz so geändert wird, dass es mit dem EU-Recht einschließlich der europäischen Grundrechtecharta in Einklang steht", sagte Daul.