CSU-Politiker Goppel kritisiert Memorandum als "oberflächlich"

"Ich würde die innere Diskussion vorziehen"

Den Brief von acht katholischen CDU-Politikern bezeichnete Thomas Goppel als "überflüssige Störung". Und auch für das Theologen-Memorandum kann sich der Vorsitzende des "Gesprächskreises christlich-sozialer Katholiken" kaum erwärmen. Im Interview mit domradio.de plädiert er für eine sachliche Debatte.

 (DR)

domradio.de: In dem Memorandum fordern die Unterzeichner tiefgreifende Reformen in der Katholischen Kirche. Wie war Ihre Reaktion auf die Veröffentlichung?

Goppel: Ich stelle fest, dass wir inzwischen dazu neigen, immer die oberflächlichen und vordergründig schnell vermarktbaren Forderungen zu stellen, um uns mit der tiefen Krise von bestimmten Dingen nicht auseinandersetzen zu müssen. Und die Krise in der katholischen Kirche besteht nicht darin, dass wir uns darüber unterhalten müssen, was der einzelne Pfarrer an Rechten hat. Sondern die besteht darin, dass wir insgesamt durch unsere zur Machbarkeit hin entwickelte menschliche Auffassung "Wir können alles selber, wir brauchen eigentlich gar keinen lieben Gott" unsere Gläubigkeit gar keine besondere Rolle mehr spielt. Die andere Frage ist wichtig: zu sagen, dass wir Glied einer großen Gesellschaft sind, in der jeder von uns der Verantwortung gegenüber dem Himmel, dem Vater und dem lieben Gott unterliegt; ich nenne die drei nebeneinander, weil ich der Überzeugung bin, dass es notwendig ist im Staat, wo ich gleichzeitig ja auch noch Abgeordneter bin, auch für die anderen ein Angebot zu unterhalten.



domradio.de: Wie aber glauben Sie muss die Katholische Kirche auf den Priestermangel und Gläubigen-Mangel antworten?

Goppel: Ich weiß nicht, ob man dadurch das Problem löst, indem man die Frage nach Priestern bei denen beantworten lässt, die selber davon betroffen sind und feststellen, dass sie dem eigentlich gegebenen Versprechen nicht stattgeben können. Ich selber wäre heute wahrscheinlich Theologe, wenn es den Zölibat nicht gäbe. Und von der Seite gibt es auch eine ganze Menge. Ich bin nicht deswegen widerständig, weil ich denke, die anderen hätten genauso handeln können. Ganz gewiss nicht. Aber ich denke und glaube, dass es notwendig ist, die Kirche wieder vorzuleben durch die Sicherheit in den Grundpositionen, die wir haben, die die Glaubensfragen betreffen. Und die Frage, heiraten zu dürfen, ist keine Glaubensfrage.



domradio.de: Die Verfasser des Memorandums kommen aus dem Innern der Kirche selbst. Die Professoren erfahren viel Zustimmung aber auch klare Ablehnung - Ist die Katholische Kirche in Deutschland gespalten?

Goppel: Die Diskussionen in der katholischen Kirche sind alle nicht schädlich. Schädlich ist, wenn von außen Debatten auf uns zukommen wie die über die Aufarbeitung unserer früheren Selbstverständnisse in Fragen des Umgangs des Menschen mit seiner Wahrheitsliebe. Die Kirche hat ja immer gemeint, wenn sie jemanden zur Beichte empfängt und dann anschließend sagt Buße, und dann wird versprochen, es nicht wieder zu tun, das Problem gelöst sei. Das ist eine Aufarbeitung, die zwingend notwendig war. Aber in den anderen Fragen diskutieren die Insider miteinander, den Rest interessiert es nicht oder er macht sich lustig über uns. Das sollten wir lieber innen behandeln als in der Öffentlichkeit.



domradio.de: Schon vor einigen Wochen wurde Stimmen aus der Politik laut, vor allem aus der CDU, die ähnliche Reformen in der Katholischen Kirche forderten. Kardinal Brandmüller wies die Forderungen als Einmischung zurück. Was glauben Sie als katholischer Politiker - darf Politik sich in solche Debatten einmischen oder nicht?

Goppel: Ich habe nichts dagegen, dass sich jemand einmischt. Wir sind eine diskussionsfreudige Gesellschaft und tolerant, damit darf jeder seine abweichende Meinung äußern. Das war immer der Vorzug des christlichen Menschenbildes und des katholischen Glaubens, tolerant zu sein. Dann gibt es auch kein Verbot. Was Kardinal Brandmüller will geht genauso zu weit, wie umgekehrt einen Rechtsanspruch daraus abzuleiten, dass man sich an der Diskussion beteiligt. Das geht mir zu weit auf Seite der Laien. Die Debatte wird es immer geben. Und die Frage ist, ob wir damit zurechtkommen. Man darf nicht vergessen: 1,2 Milliarden Katholiken in aller Welt haben das Problem, das die insgesamt 30 Millionen Katholiken in Deutschland haben, sichtlich nicht. Damit wird die Größenordnung auch durchaus wieder vernünftig eingeordnet.



domradio.de: Wie sollte es jetzt weitergehen seitens der Kirchenleitung. Sollten sich die Bischöfe mit den Forderungen des Memorandums auseinandersetzen?

Goppel: Der Kardinal Joseph Ratzinger, also Benedikt XVI. in seinem kirchlichen Vorleben, und viele andere Theologen haben diese Frage aufgeworfen und zur Diskussion gestellt. Wenn die Theologen sich einig sind bzw. wissen, wo sie lang wollen, dann können wir das in der Laienwelt auch wieder miteinander diskutieren. Ich finde, die Diskussion darf weitergehen, aber sie darf nicht so apodiktisch Freund und Feind kennen, wie sie es im Augenblick tut. Ich würde die innere Diskussion vorziehen und die äußere anschließen.  



Das Gespräch führte Christian Schlegel.