Der Zisterzienserstift Heiligenkreuz boomt zum Abtwechsel

Die Mönche von der Abbey Road

Der Deutsche Maximilian Heim folgt Gregor Ulrich Henckel-Donnersmarck als Abt, unter dem das Kloster in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom erlebte – auch dank des weltweiten Millionenerfolgs mit einer CD. Kann ein Zisterzienser ein Star sein?, fragen Henning Klingen und Alexander Brüggemann zum Generationenwechsel im Stift Heiligenkreuz.

 (DR)

Natürlich. Der heilige Bernhard von Clairvaux (1090-1153) prägte ein ganzes Zeitalter, das bis heute das "bernhardische" genannt wird. Er beriet Päpste und Könige, schlichtete zwischen Nationen, rief die Christenheit zum Kreuzzug. Vor allem aber machte er sein radikales Armutsideal zum europaweiten Trend. Soll denn ein Zisterzienser ein Star sein? Sicher nicht. Der heilige Bernhard litt darunter, wegen des Rummels um seine Person kein Mönch mehr sein zu können. Und die Zisterzienser aus dem österreichischen Stift Heiligenkreuz? Mancher rümpft da rasch die Nase: "Ach, die Popmönche aus dem Wienerwald?"



Ihre Geschichte ist in zahllosen Artikeln und TV-Dokus erzählt worden: Der weltweite Millionenerfolg der CD "Chant. Music for Paradise"; eine rasant wachsende Klostergemeinschaft; der Besuch von Papst Benedikt XVI. 2007. Spricht man Pater Karl Wallner, Pressesprecher, Erfolgsautor und Rektor der stiftseigenen Hochschule, auf diese Superlative an, wiegelt er ab. Es gehe nicht um den "Hype", betont er, sondern um Qualität. Immer stünden bei allen Projekten der Glaube und gelebte Spiritualität im Zentrum. Er zitiert den Star seines Ordens, den heiligen Bernhard: "Zuerst muss man brennen, dann erst leuchten."



Altersschnitt bei nur 45,8 Jahren

Der "Hype" um die "singenden Mönche" ist in den vergangenen Monaten und nach unzähligen Interviews und Medienauftritten etwas abgeebbt - zum Glück und zum Wohl der Klostergemeinschaft, wie Wallner einräumt. Stattdessen trat das Stift im Wienerwald wegen seiner erstaunlich hohen Eintrittszahlen in den Fokus der Öffentlichkeit: Inklusive Novizen gehören ihm derzeit 88 Zisterzienser an; der Altersschnitt liegt bei nur 45,8 Jahren. "So eine Welle von jungen Leuten, die unser Leben teilen wollen, gab es zuletzt im Mittelalter", sagt Wallner.



An die 20 Studenten der Hochschule - weltweit die einzige des Zisterzienserordens - werden jedes Jahr zu Priestern geweiht. 120 der aktuell 186 Studenten sind auf dem Weg zur Priesterweihe. Der zentrale Impuls, der 1802 zur Gründung der Hochschule führte, war die Schaffung eines "Gegenpols" zu einer "Verweltlichung der Theologie". Man setzt hier darauf, "Intellektualität und Spiritualität eng zu verbinden". "Kniende Theologie" nennt Abt Gregor Henckel-Donnersmarck, der am Donnerstag seine zwölfjährige Amtszeit beendet, diese Form des Studiums gern emphatisch und unter Verweis auf Benedikt XVI.



"Unkomplizierte Freude im Glauben"

Das Geheimnis des Erfolges sieht Wallner in der "unkomplizierten Freude" im Glauben: "Wir sind mit Begeisterung katholisch." Reiz übten auch die lebendige Jugendseelsorge und eine Offenheit für Gäste und Suchende aus. Vor allem aber die Liturgie: "Wir halten Messe und Chorgebet ganz nach den Normen des Konzils; doch wir haben das Latein beibehalten." Der Zauber des Erhabenen, des gänzlich Anderen sei es, der viele Menschen in die Gottesdienste ziehe.



Da im Leben junger Gottsucher nicht nur Liturgie, sondern auch Laptop und WLAN eine wichtige Rolle spielen, gehört wohl auch die starke Internetpräsenz zum Erfolgsgeheimnis des Stifts. Sei es die Website, Videos auf "YouTube" oder Gruppen auf "Facebook" - wohl nur wenige Ordenshäuser haben sich auf die Möglichkeiten multimedialer Kommunikation so intensiv eingelassen wie Heiligenkreuz. "Wir haben viele junge Mitbrüder, die schon mit diesen Medien aufgewachsen sind", berichtet Wallner. "Und jetzt nutzen sie das Internet, um apostolisch hinauszuwirken."



Und Heiligenkreuz steht nicht nur für eine geistliche Kraft. Auch dem Diktum des Dichters Juvenal, demzufolge nur in einem gesunden Körper auch ein gesunder Geist wirken kann, weiß das Stift durchaus etwas abzugewinnen. Vor allem, seit Florian Henckel von Donnersmarck, Oscarpreisträger und Neffe des Abtes, hinter den dicken Mauern einen professionell ausgestatteten Fitnessraum eingerichtet hat. Im stilvollen Ambiente eines lichtdurchfluteten Gewölbes nutzen junge Mönche das Training als körperlichen Ausgleich zum Studium. Und damit man unter der Last der Hanteln den höheren Sinn nicht aus den Augen verliert, heißt der Raum auch scherzhaft "Praeparatorium ad Martyrium".