Unionspolitiker halten Türkei für nicht EU-beitrittsfähig

Meilenweit von Europa entfernt

Die Unionsfraktion hat der Türkei erneut die Missachtung der Religionsfreiheit vorgeworfen. Deshalb sei das Land "von Europa noch meilenweit entfernt", sagte Kauder in einem Interview der "Südwest-Presse". Bislang könne keine Rede davon sein, dass Ankara die Religionsfreiheit gewährleiste. So sei das Land "nicht beitrittsfähig" für die Europäische Union. Weitere Unionspolitiker kritisierten den Entscheid des Obersten Gerichtshofes der Türkei im Streit um Ländereien des Klosters Mor Gabriel.

Mor Gabriel gilt als eines der ältesten christlichen Klöster der Welt  (DR)
Mor Gabriel gilt als eines der ältesten christlichen Klöster der Welt / ( DR )

Kauder sagte, vor der Eröffnung neuer Verhandlungskapitel der EU mit der Türkei müsse Ankara Religionsfreiheit sicherstellen. Diese Erwartung habe er mit dem Vorsitzenden der österreichischen ÖVP-Fraktion, Karlheinz Kopf, EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso geschrieben. Nach wie vor werde die christliche Minderheit in der Türkei massiv benachteiligt. So sei die Ausbildung von Priestern immer noch nicht gestattet.



Mit Blick auf Mor Gabriel sprach Fraktions-Vizevorsitzende Ingrid Fischbach (CDU) am Freitag von einem schweren Rückschlag für die aramäische Gemeinschaft. Es gehe nicht nur um die Eigentumsrechte des Klosters, sondern letztlich um seine Existenz und die Zukunft der Aramäer in der Türkei. Fischbach forderte die Türkei auf, völkerrechtliche Verpflichtungen gegenüber nichtmuslimischen Minderheiten einzuhalten.



Bedrohung für die aramäische Gemeinde

Ähnlich äußerte sich die Sprecherin des Stephanuskreises der Fraktion, Ute Granold (CDU). Es gehe um Land, das seit Jahrhunderten im Besitz des Klosters sei. Immer wieder müsse sich das Kloster gegen Versuche wehren, seinen Grundbesitz zu enteignen. Die Europaabgeordnete Renate Sommer (EVP/CDU) bewertete das türkische Vorgehen als Enteignung. Die Richter hätten dem Kloster große Teile seines Landes entzogen, obwohl die Eigentumsverhältnisse eindeutig dokumentiert seien. Das Urteil sei eine große Bedrohung der gesamten aramäischen Gemeinde in der Türkei.



Der Gerichtshof hatte am Donnerstag Ländereien des christlichen Klosters Mor Gabriel in Südostanatolien dem türkischen Staat zugesprochen. Mit der Klage hatte das türkische Schatzamt seinen Anspruch auf einige Felder in der Umgebung des im vierten Jahrhundert gegründeten Klosters durchsetzen wollen. Im Juni 2009 wies ein Gericht in der südosttürkischen Kreisstadt Midyat die Klage des Schatzamtes zurück. Daraufhin ging der Fall an das Berufungsgericht in Ankara. Mor Gabriel ist eine der ältesten christlichen Klosteranlagen der Welt.