Abgeordnete stellen PID- Gesetzentwurf vor - Lammert mit dabei

Wieder mit Ausnahmeregelung

In der Debatte um die Präimplantationsdiagnostik haben Bundestagsabgeordnete mehrerer Fraktionen einen zweiten Gesetzentwurf vorgelegt. Er hält am Verbot der umstrittenen genetischen Diagnostik im Embryonenschutzgesetz fest - mit einer Ausnahme.

 (DR)

Eine Ausnahme sieht er allein bei einer diagnostizierten genetischen Disposition mindestens eines Elternteils vor, "die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu Fehl- oder Totgeburten oder zum Tod des Kindes im ersten Lebensjahr führen kann".



Den Entwurf stellten die Forschungspolitiker Rene Röspel (SPD) und Priska Hinz (Grüne) sowie Patrick Meinhardt, Sprecher der Gruppe der Christen in der FDP-Fraktion, vor. Überraschend findet sich auch der Name von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) unter den Abgeordneten, die sich bislang zur Unterstützung des Konzepts entschieden haben. Röspel, Hinz und Meinhardt zeigten sich überzeugt, in ihren Fraktionen jeweils eine ganze Reihe von weiteren Unterstützern zu finden.



Die Autoren sehen im konkreten Verfahren eine verpflichtende Beratung und das positive Votum einer Ethikkommission vor. Zudem soll es bundesweit lediglich ein lizenziertes Zentrum geben. Röspel sprach unter Verweis auf den Schwangerschaftsabbruch von einer "Konfliktlösung". Für die begrenzte Zahl von Fällen, in denen eine PID-Anwendung erlaubt werden soll, sieht der Entwurf vor, dass auch mehr als drei Eizellen befruchtet und im Erfolgsfall untersucht werden dürfen. Bislang sieht das Embryonenschutzgesetz bei einer In-vitro-Fertilisation eine strikte Begrenzung auf maximal drei entstehende Embryos vor. Röspel verwies dazu auf die vorherrschende Expertenmeinung.



Röspel sprach von einer "sehr eng begrenzten Zulassung", die einen lange schwelenden Konflikt lösen solle. Hinz sagte, ihr Entwurf solle das "Ja zum Kind" stärken. Deshalb wolle sie, dass bei PID allein entschieden werde, ob das Kind lebensfähig sei oder nicht. Beide lehnten eine Vergleichbarkeit von PID und Pränataldiagnostik (PND), die während der Schwangerschaft erfolgt, ab. PND habe vorrangig Möglichkeiten der Therapie für Mutter oder Kind im Blick, PID diene dagegen der Selektion. Meinhardt bewertete das Konzept als "ethisch sensiblen" Weg, der viele suchende Abgeordnete ansprechen werde. Die Debatte müsse aus dem Blickwinkel der Menschlichkeit heraus erfolgen.



"Ausnahmsloses Verbot theoretisch denkbar"

Ausdrücklich wenden sich die Abgeordneten gegen die drei weiteren derzeit zur Diskussion stehenden Regelungswege. Ein ausnahmsloses Verbot der PID sei "theoretisch denkbar", schreiben sie, habe aber erhebliche negative Auswirkungen auf Paare mit genetischer Vorbelastung. Die von einer Abgeordnetengruppe um Ulrike Flach (FDP) und Peter Hintze (CDU) geforderte grundsätzliche Freigabe der PID zur Feststellung schwerer Erbkrankheiten würde langfristig zu einer Ausweitung dieser Diagnostik führen, meinen sie. Ein Verzicht auf jede gesetzliche Regelung würde nach ihrer Ansicht dazu führen, dass der Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) zu PID vom Juli 2010 weiter Bestand hätte. "Fragen des Lebensschutzes insbesondere in den frühesten Entwicklungsstadien menschlichen Lebens sollen jedoch nicht durch Richterrecht entschieden werden", betonen die Abgeordneten.



Bei PID werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen außerhalb des Mutterleibes auf genetische Fehler untersucht und geschädigte Embryonen vernichtet. In Deutschland galt sie bis zum Sommer 2010 nach gängiger Interpretation des Embryonenschutzgesetzes als verboten. Im Juli entschied jedoch der BGH, dass Gentests an Embryonen nach dem Wortlaut dieses Gesetzes nicht untersagt sind. In der nächsten Sitzungswoche ab 7. Februar wollen Abgeordnete als weiteren Gesetzentwurf eine Verbotsregelung für PID vorschlagen.



Vermutlich wird sich das Parlament Ende März oder Anfang April erstmals mit dem Thema befassen.