Soldaten machen Radio für Kameraden in Afghanistan

"Junge, komm' bald wieder"

Radio Andernach ist kein "Zivilradio", sondern hier machen Soldaten Radio für Soldaten in Afghanistan. Neben dem Studio in Mayen, wird in Mazar-i-Sharif und in Prizren im Kosovo auch vor Ort Programm gemacht. Sender stehen in den Feldlagern in Kabul, Kunduz und Feyzabad. Ein Besuch in Mayen.

Autor/in:
Stefanie Helsper
 (DR)

Es ist Mitte der Woche, gegen halb elf am Morgen. Radio-Moderatorin Corinna Kuke spielt Freddy Quinn: "Junge, komm" bald wieder, bald wieder nach Haus" " - für Johannes, zum 26. Geburtstag. Bei Radio Andernach ist der Klassiker ein Klassiker. "Wie oft ich das schon gespielt habe", lacht Kuke. --
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"Na, möchte der Stabsunteroffizier das gerne hören?", scherzt die 27-jährige Kuke mit ihrem Techniker. Im professionellen Live-Studio sitzen sich die beiden getrennt durch eine Scheibe gegenüber. Er, Stabsunteroffizier Stefan Carrillo, an den Knöpfen, Reglern, an der Software - sie, korrekt Oberleutnant Corinna Kuke, mit Kopfhörern vor dem Mikro. --
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Im Eifelaner Studio sorgt die alte Schmonzette von Quinn zwar für Erheiterung, aber die Moderatorin weiß, wie wichtig den Angehörigen die Botschaft des Liedes ist. Die Grußsendung am Morgen ist das Herzstück des Senders. Fast 9.000 Grüße gingen im vergangenen Jahr über den Äther. "Eine Minute noch", gibt Carrillo seiner Kollegin zu verstehen. Kuke trällert gerade bei Bon Jovi mit. Dann geht sie mit den nächsten Grüßen von Angehörigen ins Einsatzland ihrer Liebsten on Air.--
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Radio von der Eifel zum Hindukusch --
In Mazar-i-Sharif ist seit vergangenem Oktober Oberleutnant Matthias Urbanski "Chefredakteur im Einsatz". Er hat seine Sendung für heute schon hinter sich - mit einem Interview mit SPD-Chef Sigmar Gabriel, der auf Truppenbesuch war. So wie zuletzt auch der Verteidigungsminister und die Kanzlerin. Aber der 27-jährige Urbanski hat nicht nur Politiker begleitet, sondern auch von den schwierigen Einsatzorten in Afghanistan berichtet - war zum Beispiel südlich von Kunduz im "Observation Post (OP) North", einem kleinen Feldlager mit rund 650 Soldaten. Es gilt als der gefährlichste Einsatzort der Bundeswehr in Afghanistan. Täglich gibt es "Feindkontakt". Urbanski will seinen viermonatigen Aufenthalt nutzen. "Ich will die Jungs im OP North ins Boot holen für Radio Andernach."--
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Ein Stück Heimat im Krisengebiet --
Ins Boot holen - das heißt, die Soldaten sollen das Angebot von Radio Andernach kennenlernen. Denn die Radiomacher - egal, mit wem man spricht in der Station - wollen sie in Afghanistan unterstützen. Der Auftrag von Radio Andernach liegt allen am Herzen. Auch Moderatorin Oberfeldwebel Selina Schmitt war schon in Mazar-i-Sharif. "Da habe ich gesehen, wie sie sich freuen über Grüße. Manche weinen." Auch wenn es nicht "kampfentscheidend" sei, was sie als Soldatin tue, sie habe dennoch das Gefühl, durch die Unterstützung etwas beitragen zu können. "Wir versuchen, ihnen das Gefühl zu geben, dass an sie gedacht wird." Statt des "freundlichen Desinteresses", wie es den Deutschen immer wieder bescheinigt wird. "Wir geben ihnen ein Stück Heimat", beschreibt der Chef vom Dienst, Hauptmann Jens Krees. --
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Alle halbe Stunde wird das Einsatzgebiet mit Nachrichten versorgt. Mit dem, was die Soldaten in der Politik betrifft. Top-Thema, meint Krees, sei derzeit die Strukturreform bei der Bundeswehr. Berichtet werde journalistisch ausgewogen, betont der Chef vom Dienst. Zu den Nachrichten gehören aber andere aktuelle Meldungen aus Deutschland und der Welt. Dazu gibt es Beiträge, Reportagen, Interviews. So halten die Redakteure aus der Eifel ihre Kollegen am Hindukusch auch auf dem Laufenden, wenn es, wie an diesem Freitag, im Bundestag um die Mandatsverlängerung für den Afghanistan-Einsatz geht - bei "Radio Andernach, deinem Einsatzradio".--