Katholische Kirche sieht Mehrheiten in PID-Frage auf ihrer Seite

"Ganz klar auf Seite des Lebensschutzes"

Die katholische Kirche in Deutschland rechnet in der PID-Frage ein Einlenken des EKD-Ratsvorsitzenden Schneider. Ein "klares Bekenntnis zum starken Lebensschutz" erwartet der Augsburger Weihbischof und Ethikrat-Mitglied Anton Losinger im Interview mit domradio.de - auch vom Bundestag.

 (DR)

domradio.de: Die deutschen Wissenschaftsakademien betonen die Entscheidungsfreiheit der Frau und plädieren für die Beteiligung einer sachverständigen Stelle. Wie stehen Sie zu dieser Empfehlung der Akademie?

Losinger: Meine Position ist klar: Ich bin gegen diese Empfehlung, wahrscheinlich auch mit einer Mehrheit der Bevölkerung in der Bundesrepublik. Die Menschen, die sich derzeit sehr um PID kümmern und sich von dieser Frage bewegen lassen, merken sehr deutlich, dass wir damit in ein Dilemma geraten würden. Es hängt damit zusammen, dass logischerweise auch als ein Ergebnis der naturwissenschaftlichen Forschung ein menschlicher Embryo vom Zeitpunkt seiner Zeugung an als ein embryonaler Mensch gesehen werden muss. Er hat damit Würde und Lebensrecht. Und damit ist er dem Zugriff der Entscheidung anderer entzogen. Wir müssen also das als eine wirkliche Kritik der Stellungnahme der Leopoldina festhalten: Die Entscheidung über das Lebensrecht eines anderen Menschen - auch im Zustand des menschlichen Embryos - kann weder vom Staat, noch von den Eltern, noch von anderen Menschen getroffen werden. Das Lebensrecht ist unantastbar.



domradio.de: Die SPD rechnet damit, dass sich die Mehrheit der Partei für eine begrenzte Zulassung aussprechen wird. Und auch in der CDU gibt es Befürworter - wie zum Beispiel Ursula von der Leyen. Enttäuscht es sie, dass Unionspolitiker dieser Meinung sind?

Losinger: Ich bin zuversichtlich, dass vor allen Dingen in der CDU, was ja auch der Beschluss des Parteitages erbracht hat, eine Mehrheit für ein Verbot der PID da ist. Ich sehe ein Einsehen, dass eine begrenzte Öffnung von PID keine Lösung sein kann. Denn das ist auch die Haltung der Bundeskanzlerin - auch entgegen Ursula von der Leyen -, dass eine begrenzte Öffnung niemals haltbar sein würde. Denn angenommen, wenn man einen Katalog von Krankheiten definieren würde, bei dem die Tötung eines menschlichen Embryos in der Folge von PID zugelassen würde, wer garantiert, dass ein solcher Katalog nicht von Mal zu Mal länger würde? Je mehr Krankheiten man dem hinzufügt! Deshalb bin ich zuversichtlich: Wenn im Bundestag eine parteioffene Abstimmung ohne imperatives Mandat stattfindet, dass sich eine Mehrheit für ein Verbot der PID einfindet, eben mit dem Gedanken, dass letztendlich eine Begrenzung auf einzelne, definierte Merkmale nicht durchzuhalten sein würde.



domradio.de: Die PID-Debatte hat auch schon zu schweren Spannungen zwischen Kardinal Meisner und dem EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider geführt, der für eine begrenzte Zulassung ist. Sehen Sie in der Debatte jetzt auch einen Prüfstein für die Ökumene in Deutschland?

Losinger: Ich sehe in der Position von Nikolaus Schneider eine Überlegungssituation - wie er es selber auch nennt. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass am Ende einer solchen Überlegungssituation etwas anderes stehen könnte, als ein klares Bekenntnis zum starken Lebensschutz. Bestätigt bin ich darin, dass etwa die evangelische Kirche hier in Bayern sagt, sie stehen ganz klar auf der Seite des starken Lebensschutzes der katholischen Kirche. Und ich bin zuversichtlich dass diese Position in beiden Kirchen sehr stark Fuß fassen wird.



Das Gespräch führte Susanne Becker-Huberti.