Misereor ruft Politik zum Einsatz gegen Nahrungsmittelspekulation auf

"Auf Kosten der Hungernden"

Die Grüne Woche startet für Landwirtschaftsministerin Aigner mit harscher Kritik. Entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisationen haben Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner zu sofortigem Handeln gegen Spekulationen mit Nahrungsmitteln aufgefordert. Die Ministerin dürfe es "nicht bei Ankündigungen belassen", erklärte Misereor.

 (DR)

Der EU warf das katholische Entwicklungshilfswerk gemeinsam mit der Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung Untätigkeit vor. Oxfam rief die Bundesregierung auf, auf EU- und G20-Ebene ein Ende der exzessiven Spekulation mit Nahrungsmitteln anzustreben.



50 Agrarminister diskutierten Weltgetreidemärkte

Im Rahmen der am Donnerstag eröffneten Internationalen Grünen Woche in Berlin diskutieren am Samstag rund 50 Agrarminister aus aller Welt die Lage auf den Weltgetreidemärkten und die Rolle der Spekulation. Aigner hatte im Vorfeld angekündigt, die Spekulation mit Grundnahrungsmitteln eindämmen zu wollen.



Misereor und die Böll-Stiftung betonten, Spekulanten trieben die Lebensmittelpreise in die Höhe und bereicherten sich "auf Kosten der Hungernden". Das dürfe die Politik nicht zulassen, so Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon. Die Agrarminister müssten ein überzeugendes Maßnahmenpaket zur Regulierung von spekulativen Termingeschäften mit Agrarrohstoffen verabschieden und unverzüglich umsetzen, so Barbara Unmüßig vom Vorstand der Stiftung.



Misereor: Getreide um 57 Prozent teuer

In den vergangenen Monaten stiegen die Lebensmittelpreise weltweit drastisch an. So wurde laut Misereor Getreide um 57 Prozent teuer, pflanzliche Öle und Fette um 56 und Zucker um 77 Prozent. Die Preise für Weizen, Mais und Soja hätten Höchststände aus dem Jahr 2007/08, der bislang letzten Nahrungsmittelkrise, übertroffen.



Bröckelmann-Simon warnte vor Hungeraufständen in ärmeren Ländern. Er verwies auf die Proteste in Tunesien und Algerien, zu denen auch gestiegene Lebensmittelpreise beigetragen hätten. Er nannte es unverantwortlich, dass die EU - anders als die USA - keine Maßnahmen zur Eindämmung der Spekulationen beschlossen hätten. Um eine Hungerkrise abzubremsen, müsse die Teilnahme von Investmentbanken, Hedgefonds und Pensionsfonds an Termingeschäften mit Agrarrohstoffen eingeschränkt werden.



Oxfam erklärte, Spekulanten im Nahrungsmittelbereich setzten Menschenleben aufs Spiel. "Mehr als 100 Millionen Menschen mussten im Jahr 2008 hungern, weil Spekulanten den Preisanstieg anheizten und auf hohe Gewinne setzten", erklärte eine Sprecherin. Auch sie beklagte die Rolle von Hedgefonds, die kurzfristige Profite erreichen wollten.



Im November 2010 hatte auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) eine konsequente Regulierung von Nahrungsmittelspekulation eingefordert.