Papst gibt grünes Licht für Seligsprechung von Johannes Paul II.

Selig in Rekordzeit

Nach einer Woche der Spekulationen ist es amtlich: Papst Johannes Paul II. wird noch in diesem Jahr seliggesprochen. Benedikt XVI. macht damit das kürzeste Seligsprechungsverfahren der neueren Kirchengeschichte möglich. Der Termin für die Ehrung wurde mit Bedacht gewählt: der 1. Mai.

 (DR)

Der 1. Mai, den der Vatikan am Freitag (14.01.2011) um 12 Uhr bekannt gab, ist der "Sonntag der Barmherzigkeit". Johannes Paul II. hatte diesen Tag 2000 im Heiligen Jahr für die katholische Weltkirche eingeführt: bei der Heiligsprechung der von ihm besonders verehrten polnischen Mystikerin und Ordensfrau Faustina Kowalska (1905-1938) im Jahr 2000.



Und am Vorabend des "Sonntags der Barmherzigkeit" 2005 war der polnische Pontifex nach längerer Krankheit und einem kurzen Todeskampf, an dem die ganze Welt Anteil nahm, gestorben. Mit dem Termin noch in der ersten Jahreshälfte ist es das kürzeste Seligsprechungsverfahren der neueren Kirchengeschichte. Mit nicht einmal sechs Jahren wäre es noch etwas kürzer als das der Ordensfrau und Nobelpreisträgerin Mutter Teresa (1910-1997) im Oktober 2003. Den 1. Mai hatten auch mehrere Kirchenvertreter favorisiert.



Ein Abschluss stand außer Zweifel

Kardinal Angelo Amato hatte das Seligsprechungsdokument um 11.00 Uhr Papst Benedikt XVI. vorgelegt, der die Unterlagen auch gleich unterschrieb. Das Verfahren hatte erst am Mittwoch die vorletzte Hürde genommen. Nach dem offenkundigen Plazet der Kardinäle der Heiligsprechungskommission im Wunderprozess lag es nur noch an Benedikt XVI., ob und wann sein Vorgänger zur Ehre der Altäre gelangt.



"Man muss sofort dazusagen, dass es bei diesem Prozess zwei Vereinfachungen gab", erläutert Kardinal Amato: "Die eine war die päpstliche Dispens von der eigentlich geltenden Fünf-Jahres-Frist für die Aufnahme des Verfahrens, und die zweite war es, diesem Verfahren Priorität zu geben, so dass es nicht auf die Warteliste rutschte. Was allerdings die Genauigkeit und Strenge der Prozeduren betrifft: Da wurde kein Auge zugedrückt. Das Verfahren wurde durchgeführt wie alle anderen, mit allen Schritten, die von den Normen der Heiligen-Kongregation vorgeschrieben sind. Man kann sogar sagen, dass das Verfahren ganz besonders genau geführt worden ist, um wirklich jeden Zweifel zu zerstreuen und jede Schwierigkeit zu überwinden."--


Dass Benedikt XVI. nach ordnungsgemäßem Abschluss eines gründlichen Verfahrens den Diener Gottes Karol Wojtyla (1920-2005) in das Album der Seligen einschreibt, stand außer Zweifel. Zwar reagierte er nicht auf die spontanen Plakate und Sprechchöre, die Johannes Paul II. schon bei der Totenmesse "santo subito" - sofort in den Heiligenstand - erheben wollten. Aber er griff die Begeisterung und Verehrung der Gläubigen für seinen Vorgänger auf, indem er die Wartefrist zur Aufnahme des Seligsprechungsverfahrens von fünf Jahren auf drei Monate verkürzte. Ansonsten drängte er auf eine gründliche Untersuchung nach den strengen Kriterien der Kongregation.



Der Wunderprozess

Freilich tauchten im Prozess nach raschem Beginn gegen Ende noch einige Probleme auf. Bereits 87 Tage nach dem Tod, am 28. Juni 2005, konnte der römische Kardinalvikar Camillo Ruini mit päpstlicher Sondergenehmigung offiziell das Verfahren eröffnen. Es wurde parallel in Rom und Krakau geführt, und beide Prozesse wurden nach zwei Jahren mit Erfolg abgeschlossen. Danach wurde das Verfahren am Vatikan erneut aufgerollt - und auch hier mit Erfolg beendet. Kurz vor Weihnachten erkannte Benedikt XVI. seinem Vorgänger den "Heroischen Tugendgrad" zu.



Auch der Wunderprozess - der Zustand der an Parkinson erkrankten französischen Ordensfrau Marie Simon Pierre verbesserte sich nach Anrufung des polnischen Papstes auf unerklärliche Weise - schien zunächst vielversprechend. Dann gab es jedoch in der zuständigen Medizinerkommission nicht die erforderliche Zustimmung. Zudem tauchten Fragen nach der Gründlichkeit des Verfahrens auf: Manche engen Mitarbeiter des Papstes seien nicht als Zeugen vernommen worden; Johannes Paul II. sei zu nachsichtig gegenüber dem umstrittenen Ordensgründer der "Legionäre Christi", Marcial Maciel Degollado (1920-2008) gewesen; zudem habe er in seinen letzten Amtsjahren die Kurie nicht streng genug geführt, hieß es.



Im Wunderverfahren tauchten jedenfalls bald neue Fakten auf. Daher gab zunächst die Medizinerkommission und im Dezember auch die Theologenkommission ein positives Votum ab, das das höchste Organ der Heiligsprechungskongregation, die Kardinalsversammlung, am Mittwoch offenbar bestätigte. "Die Krankheit - Parkinson - war 2001 vom behandelnden Arzt von Schwester Marie Simon Pierre und auch weiteren Spezialisten diagnostiziert worden", so Kardinal Amato. "Die Schwester erhielt entsprechende Behandlung, was zumindest ihre Schmerzen dämpfte. Auf die Nachricht vom Tod von Papst Wojtyla, der ja unter dem gleichen Morbus Parkinson gelitten hatte, begannen Schwester Marie und ihre Mitschwestern den verstorbenen Papst um eine Heilung anzurufen. Am 2. Juni 2005 teilt die Ordensfrau ihrer Superiorin mit, dass sie von ihrer Arbeit befreit werden will; sie ist erschöpft und zermürbt von den Schmerzen. Aber die Superiorin ermuntert sie, doch auf die Fürsprache von Johannes Paul II. zu vertrauen. Daraufhin hat die Schwester eine ruhige Nacht - und fühlt sich am nächsten Morgen beim Aufstehen geheilt. Die Schmerzen sind weg, und auch alle Symptome von Parkinson. Es ist der 3. Juni 2005, Fest des Heiligsten Herzens Jesu. Sie bricht sofort ihre Behandlung ab und geht zum Arzt, der nicht anders kann, als ihre Heilung festzustellen."



Zur Seligsprechung wird der Leichnam Johannes Pauls II. aus den Grotten von Sankt Peter in die Oberkirche des Petersdoms gebracht.

Allerdings wird der Marmorsarg nicht geöffnet, der Körper nicht exhumiert oder öffentlich ausgestellt - wie es etwa beim heiligen Pius X. (1903-1914) oder beim seligen Johannes XXIII. (1958-1963) der Fall ist. Johannes Paul II. findet seine letzte Ruhestätte in der Sebastian-Kapelle, der zweiten Seitenkapelle rechts. Er kommt an die Stelle, wo bislang Papst Innozenz XI. (1676-1689) im Glassarg ruhte, der nun auf die andere Kirchenseite transferiert wird.



In der Kapelle des heiligen Sebastian befinden sich bereits Denkmäler moderner Päpste, etwa das von Pius XI. (1922-1939) oder die Bronzefigur von Pius XII. (1939-1958). Und vom Grab aus sind es nur wenige Meter zur Pieta Michelangelos, der vielleicht beeindruckendsten künstlerischen Darstellung der vom Papst aus Polen besonders verehrten Gottesmutter.



Benedikt XVI. unterzeichnete am Freitag insgesamt neun Dekrete. In drei Fällen bestätigte er ein Heilungswunder, in fünf weiteren erkannte er den Heroischen Tugendgrad an, darunter der für den Gründer des Salvatorianerordens, Johann Baptist Jordan (1848-1918). Zudem bestätigte der Papst das Martyrium von fünf im Dezember 1941 in Bosnien ermordeten Ordensfrauen.