Im Bundestag geht es 2011 um mehrere bioethische Themen

Von Gentechnik und Medizin

Ein bioethisches Thema wird die Bundestagsabgeordneten nach ihrer Rückkehr aus der Winterpause lange beschäftigen. Es steht die gesetzliche Regelung der Präimplantationsdiagnostik (PID) an - Zulassung oder Verbot. Doch weitere sensible Fragestellungen drängen im neuen Jahr (erneut) auf die Agenda.

Autor/in:
Christoph Strack
 (DR)

PID steht für die genetische Untersuchung im Reagenzglas erzeugter befruchteter Eizellen auf genetische Fehler. Im Falle einer Schädigung werden Embryonen vernichtet. In Deutschland galt diese Methode bis zum Juli 2010 als verboten. Dann entschied der Bundesgerichtshof anders: PID falle nicht unter das Embryonenschutzgesetz von 1990. Seitdem wird gestritten, ob und wie der Gesetzgeber reagieren soll, auch darüber, ob dem frühen Embryo die volle Menschenwürde zukommt. "Zur Menschwerdung gehört der Mutterleib, gehört die Einnistung in die Gebärmutter", so die FDP-Politikerin Ulrike Flach.



Das Ringen um eine Regelung wird das Parlament sicher bis zur Sommerpause beschäftigen. Einen ersten Gesetzentwurf legten Abgeordnete aller Fraktionen vor Weihnachten vor. Sie wollen damit

"Fehl- oder Totgeburten oder die Geburt eines schwer kranken Kindes" verhindern. Mindestens zwei weitere Konzepte, gleichfalls von fraktionsübergreifenden Gruppen, werden bis Anfang Februar erwartet. Sie wollen ein komplettes Verbot der PID oder nur eine weit enger begrenzte Zulassung regeln. Die Ausarbeitung der Konzepte braucht auch deshalb Zeit, da die Abgeordneten nicht auf die juristische Expertise von Ministerien zurückgreifen können.



Ab Mitte Januar wird diese Suche in den Fraktionen, bei Parlamentarischen Abenden, bei Wissenschaftsorganisationen oder Akademieabenden geballt zum Thema. So wollen sich die Leopoldina, die Akademie der Wissenschaften, und der Deutsche Ethikrat äußern.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die Caritas, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sind einige derer, die in der zweiten Januarhälfte Veranstaltungen planen.



Wenn die Gesetzentwürfe vorliegen, wird der Bundestag bald eine erste Debatte führen. Dem folgt dann zumindest eine große Expertenanhörung, die in ihrer Vorbereitung Zeit erfordert. So ist erst zur Jahresmitte mit einer Entscheidung zu rechnen. Die emotionsgeladenen Kontroversen erinnern an die Regelung der Stammzellforschung oder auch an die Neuregelung des Paragrafen 218 StGB in den 1990er Jahren.



Der einzige bislang vorliegende Gesetzentwurf fällt durch eine Reihe prominenter Unterstützer auf. Neben den CDU-Ministern Kristina Schröder, Ursula von der Leyen und Wolfgang Schäuble, die sich früh festlegten, signalisierte später Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ihre Zustimmung.



Eine Tendenz des gesamten Parlaments mag man bei diesen Namen noch nicht erkennen. Bei SPD und vor allem der FDP scheint die Gruppe derer, die eine weiter gefasste PID-Zulassung befürwortet, zu überwiegen. Im Unionslager rechnet der für PID werbende Peter Hintze selbst nicht mit einer Mehrheit für PID. Bei Grünen und Linken reicht das Spektrum jeweils von strikten Gegnern bis zu engagierten Fürsprechern der PID.



Doch auch wenn die Parlamentarier sich schwerpunktmäßig mit PID befassen - es gibt weitere bioethisch relevante Themen. Auch dabei geht es um die wachsende Bedeutung "genetischer Medizin". So dauert die massive Kritik am nicht einmal ein Jahr alten Gendiagnostikgesetz an; dessen Vorgaben für genetische Untersuchungen scheinen sich in der Praxis kaum zu bewähren. Zudem: Nach einer Debatte Anfang Dezember beraten Ausschüsse des Bundestages bald über Biobanken; dieses Thema hatte die Politik bei der Erarbeitung des Gendiagnostikgesetzes im Streit außen vor gelassen. Es geht vor allem um Datenschutz und den Wahrung von Patientenrechten.



Und über kurz oder lang kommt die Forderung nach Zulassung der Eizellspende auf die Tagesordnung, für die FDP-Politiker schon in der vorigen Legislaturperiode eintraten. Es wäre der nächste Schritt, um die gut 20 Jahre alten Regelungen zum Embryonenschutz aufzuweichen.