Auch Priestern droht das Burnout-Syndrom

Menschen aus Fleisch und Blut

Der Theologe und Psychologe Wunibald Müller wünscht sich mehr Anerkennung für die Arbeit von Gemeindepriestern. Im Interview mit domradio.de spricht der Leiter von Deutschlands einzigem Therapiezentrum für katholische Priester darüber, warum Seelsorger in sein Haus kommen und welche Rolle die Weihnachtszeit dabei spielen kann.

 (DR)

Wie andere Arbeitnehmer seien auch Priester der Erschöpfung des so genannten Burnout-Syndroms bedroht. Schuld seien verschiedene Faktoren. Zum einen seien Priester für immer mehr Gemeinden zuständig, dies sei der äußere Faktor, so Müller. Innerlich würden viele dem Paulus-Wort "Alles in allen sein wollen" folgen wollen und sich dabei aufbrauchen. "Die angemessene Sorge um sich selbst kommt dabei zu kurz."



Auch Einsamkeit sei ein Thema, "verschärft durch die zölibatäre Situation". So sei es den meisten Priestern beispielsweise nach der Chrismette kein Austausch mit anderen möglich.



Fehlende Anerkennung

Weiter fehle es vor allem in Zeiten des Missbrauchsskandals, der die Kirche in den vergangenen Monaten erschüttert hat, an Anerkennung für die priesterliche Berufung. Manche, vor allem in der Stadt tätige Priester würden sich nicht als Kleriker zu erkennen geben.



Der Psychologe rät den Seelsorgern, nur das zu tun, was möglich ist. Wichtig sei außerdem, die Liebe für sich selber nicht außer Acht zu lassen. "Wenn ich das in einer angemessen Weise tue, habe ich viel übrig für andere Menschen."



Grundsätzlich hätten es Priester schwerer, sich helfen zu lassen. Gemeindemitgliedern gibt Müller deshalb mit auf den Weg, ihrem Pfarrer "normal" zu begegnen. "Auch ein Priester ist ein Mensch aus Fleisch und Blut."



Das Gespräch führte Heike Sicconi. Dr. Wunibald Müller ist Theologe und Psychologe am Recollectio-Haus der Abtei Münster-Schwarzach, dem einzigen Therapiezentrum für katholische Seelsorger in Deutschland.