Ärztekammerpräsident Hoppe spricht sich für die PID aus

Kurswechsel

Bislang galt Jörg-Dietrich Hoppe als Gegner der Präimplantationsdiagnostik. Und obwohl der Präsident der Bundesärztekammer noch immer sagt, ihm "wäre es am liebsten, es gebe die PID nicht", spricht er sich nun überraschend gegen ein Verbot der vorgeburtlichen Untersuchungsmethode aus. Und rechnet damit, dass sich die Vertreter der Mediziner das genauso sehen.

 (DR)

Er gehe auch davon aus, "dass sich der nächste Ärztetag für eine Zulassung der PID in engen Grenzen aussprechen wird", sagte Hoppe der "Frankfurter Rundschau" am Montag (27.12.2010). Das 2002 auf dem Ärztetag beschlossene Verbot werde bei einer erneuten Abstimmung keinen Bestand haben.



Hoppe begründete den Kurswechsel damit, dass ein PID-Verbot zu einer "unlogischen Diskrepanz" zur Pränataldiagnostik, der vorgeburtlichen Untersuchung des Kindes während der Schwangerschaft, führe. "Warum sollte es untersagt sein, einen Embryo vor der Einpflanzung in den Mutterleib auf genetische Schäden zu untersuchen, wenn gleichzeitig bei einer festgestellten Behinderung Spätabtreibungen erlaubt sind", fragte der Ärztekammerpräsident. Zugleich betonte er jedoch: "Mir wäre es am liebsten, es gäbe weder die PID noch die Pränataldiagnostik."



Während die katholische Kirche PID strikt ablehnt, ist das Thema in der evangelischen Kirche umstritten. In seiner Weihnachtspredigt hatte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch vor einem ethischen Dammbruch bei der Freigabe von Gentests an Embryonen gewarnt. Daher lehne er auch eine auf Einzelfälle begrenzte Freigabe ab, so Zollitsch.



Hoppe rechnet mit begrenzter Zulassung

Hoppe hält es für "nicht unwahrscheinlich", dass sich der Bundestag für die Zulassung von PID für Paare mit schweren genetischen Vorbelastungen ausspricht. Vergangene Woche hatten Abgeordnete aller Fraktionen einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgestellt. Dieser schreibt zunächst explizit das Verbot von PID fest und benennt danach mehrere Ausnahmen, bei denen die umstrittene genetische Diagnostik angewandt werden darf. Dabei beschränkt er die Zulassung nicht nur auf genetisch vorbelastete Paare. Erwartet wird, dass im Januar mindestens zwei weitere Gesetzentwürfe als Gruppenanträge folgen. Dem folgt dann - vermutlich noch im Februar - die erste Beratung im Bundestag.



Bei der PID werden im Reagenzglas erzeugte befruchtete Eizellen außerhalb des Mutterleibes auf genetische Fehler untersucht und geschädigte Embryonen vernichtet. In Deutschland galt sie bis zum Sommer 2010 nach gängiger Rechtsinterpretation des Embryonenschutzgesetzes als verboten. Anfang Juli entschied jedoch der Bundesgerichtshof (BGH), dass Gentests an Embryonen nach dem Wortlaut dieses Gesetzes bislang nicht untersagt sind.