Kirchen rufen zu Solidarität und Frieden auf

Heilige Nacht

Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hat in seiner Weihnachtspredigt die globalen Menschenrechte als Gottesrechte bezeichnet. Weil Gott ein Mensch geworden, aber Gott geblieben sei, werde der Mensch von Gott angenommen und geheiligt, sagte Meisner in der Christmette in der Nacht von Heiligabend.

 (DR)

"Die sogenannten Menschenrechte, für die wir in aller Welt einstehen, sind als Konsequenz dieser neuen Wirklichkeit Gottesrechte." Vergehen gegen die Menschenrechte seien daher auch immer Sünde gegenüber Gott.



Der Kardinal unterstrich, dass Weihnachten nicht nur ein privates Ereignis von Familien und Kirchengemeinden sei. Das Fest zu Christi Geburt bringe Hoffnung für alle Welt, alle Menschen und alle Religionen.



Kardinal Marx: Kampf gegen Krieg und zum Schutz des Lebens gehören zusammen

Kardinal Reinhard Marx fordert den konsequenten Schutz menschlichen Lebens in der modernen Gesellschaft. An Weihnachten seien Gläubige aus aller Welt aufgerufen, sich gegen "Krieg und die Zerstörung der Schöpfung einzusetzen", sagte der Erzbischof von München und Freising am Freitag in der Christmette im Münchner Liebfrauendom. Die Debatten um Klimawandel, Finanzkrise und bioethische Fragen müssten "zusammen angeschaut werden als Herausforderung für eine nachhaltige menschliche Kultur".



Der katholische Theologe sagte laut Redetext in seiner Predigt am Heiligen Abend, die Gesellschaft sei nicht zukunftsfähig, wenn sie dem Materiellen absolute Priorität einräume. Aus der christlich geprägten Kultur ergebe sich eine Gesellschaft der Teilhabe mit Armen und Kranken sowie Behinderten. An Weihnachten richte sich der Blick zudem auf Bedrängte wie die Christen im Irak sowie im Nahen und Mittleren Osten. "Dass gerade in der engeren und weiteren Heimat Jesu die Menschen, die sich auf Gottes Namen berufen, unter widrigsten Umständen leben und bedrängt werden, bedrückt uns alle", sagte Marx.



Overbeck: Alles gegen Extremismen und Spaltung tun

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat an Weihnachten größere Anstrengungen bei der Integration gefordert. Die durch die Migration von Menschen mit unterschiedlichen religiösen, kulturellen und gesellschaftlichen Hintergründen entstehenden Probleme erforderten neue Formen des Miteinanders, sagte der Ruhrbischof in einem Gottesdienst an Heiligabend in Essen. Es sei Aufgabe der Christen dafür Sorge zu tragen und "alles zu tun, um Extremismen zu verhindern und Spaltungen in unserer Gesellschaft und im Alltagsleben zu vermeiden". Als wichtigsten Faktor zur Förderung von Integration nannte Overbeck die Bildung.



Overbeck verurteilte in seiner Predigt auch jedwede Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID). Aus katholischer Sicht beginne das menschliche Leben mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle. "Dieses Leben ist zu schützen, auch wenn es - entgegen der kirchlicherseits vorgetragenen ethischen Kriterien - im Reagenzglas entstanden ist." Eine "gestufte Form" des Lebens sei nicht denkbar.



Der Ruhrbischof warnte vor einer mit der PID einhergehenden Möglichkeit der Selektion gleich zu Lebensbeginn. Auch eine Zulassung auf Basis einer Liste möglicher Erbkrankheiten lehnte er ab. Zu Recht wehrten sich dagegen die Behindertenverbände. "Die Gefahr, die droht, liegt darin, letztlich lebenswertes von lebensunwertem Leben selektiv unterscheiden zu wollen", so der Bischof.



Der Bischof ging ebenfalls auf den Missbrauchskandal innerhalb der Kirche ein. Priester und andere Geistliche hätten das Vertrauen von Jugendlichen und Kindern missbraucht und ihnen größten Schaden zugefügt. "Es gehört zu den großen Aufgaben der Kirche, in allen Verantwortungsbereichen alles zu tun, um den Schaden nach dem uns gegebenen menschlichen Maß des Möglichen wieder gut zu machen." Die Kirche müsse sich den Opfern zuwenden und hoffen, dass Vertrauen wachsen könne.



Mussinghoff: "Mach es wie Gott: Werde Mensch"

Der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff hat an Weihnachten zu Solidarität und Nächstenliebe aufgerufen. "Mach es wie Gott: Werde Mensch", zitierte er in seiner Predigt an Heiligabend im Dom zu Aachen den früheren Limburger Bischof Franz Kamphaus. Es sei Auftrag und Berufung eines jeden Christen, "Mensch zu werden, solidarisch zu sein, Gottes- und Nächstenliebe zu leben".



Das umfasse alle Probleme der Gesellschaft wie etwa Armut, Langzeitarbeitslosigkeit und eine fehlende Verantwortung in der Banken- und Finanzkrise. Ebenfalls gehörten dazu die Missbrauchskandale in der Kirche, "die uns schwer auf der Seele liegen und für die wir uns bei den Opfern, den Familien und Gemeinden entschuldigen", fügte Mussinghoff hinzu.



Der Bischof ging in seiner Predigt auch auf den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern ein. Insbesondere kritisierte er die israelischen Sperranlagen an den Grenzen zu den palästinensischen Gebieten. Diese trügen dazu bei, dass der eine das Leiden des jeweils anderen nicht mehr sehe. "Wir brauchen Frieden, wir brauchen Brücken zueinander und nicht Mauern, die trennen", appellierte Mussinghoff, der sich im Oktober bei einer Reise ins Heilige Land selbst ein Bild der Lage gemacht hatte.



Ausdrücklich dankte der Bischof der nordrhein-westfälischen Landesregierung für die Aussetzung der Abschiebung von Roma und Sinti. Jesus selbst sei bei seiner Geburt "ein Fremder auf dieser Erde" gewesen. Seine Solidarität mit Fremden, Flüchtlingen und Migranten sei Vorbild und Auftrag für die Christenheit. Nordrhein-Westfalen hatte Anfang Dezember die Abschiebungen von Roma und anderen ethnischen Minderheiten in den Kosovo und nach Serbien ausgesetzt.



Präses Schneider: Liebe soll das Leben bestimmen

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat dazu aufgerufen, sein Leben von der christlichen Liebe prägen zu lassen. "Glaube, Hoffnung und Liebe sollen und können unser Leben bestimmen", sagte der rheinische Präses am Freitag in seiner Heiligabend-Predigt in der Düsseldorfer Johanneskirche. Mit der Geburt Jesu Christi vor 2.000 Jahren in Bethlehem habe sich Gott selbst untrennbar mit den Menschen verbunden.



"Das Leben des Gottessohnes gibt uns Orientierung für unser Leben", sagte Schneider laut Redetext. "Finsternis, Kälte, Lieblosigkeit, Hass und Gewalt behalten nicht das letzte Wort." Das Licht Jesus breche auch in die Dunkelheiten des Lebens hinein, betonte der oberste Repräsentant der rund 25 Millionen deutschen Protestanten.



Dies gelte auch, wenn die Menschen im Alltag oft ganz andere Erfahrungen machten: "Wie schnell gehen wir uns selber verloren, in der Hektik unserer Tage, in der Informationsflut unserer Medien, in unserem Verlangen nach mehr Spaß, mehr Lust, mehr Abenteuer." Geliebte Menschen gingen verloren durch Krankheit und Unfall, Krieg und Gewalt. Andere "versinken in Depression und Verzweiflung, wollen sterben und verlangen nach Sterbehilfe".



"Und doch hält Jesus dagegen: Gott will, dass Menschen nicht verloren gehen", sagte der 63-jährige Theologe, der Anfang November zum obersten Repräsentanten von rund 24 Millionen Protestanten in Deutschland gewählt worden war. Alle menschliche Verlorenheit sei durch Jesus Christus "grundsätzlich und letztgültig überwunden".