Deutsche Schüler holen bei Pisa nur langsam auf

Lesen bleibt schwierig

Beim Lesen sind deutscher Schüler im internationalen Vergleich nur Mittelmaß. Wie aus der am Dienstag in Berlin vorgestellten Pisa-Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervorgeht, haben die Jugendlichen vor allem Schwächen beim Einordnen und Bewerten von Texten.

 (DR)

Überdurchschnittliche Leistungen erzielten die Schüler hingegen in den Bereichen Mathematik und Naturwissenschaften. Hier liegen deutsche Schüler in der Spitzengruppe.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) wertete die Ergebnisse als grundsätzlich positiv. "Wir sind dem Ziel der Bildungsrepublik Deutschland ein großes Stück nähergekommen", sagte Schavan in Berlin. Dies sei in erster Linie das Verdienst der Lehrerinnen und Lehrer. Die Pisa-Studie findet seit dem Jahr 2000 alle drei Jahre statt. An der jetzt veröffentlichten Untersuchung nahmen im Frühjahr 2009 rund 500.000 Schüler aus 65 Länder teil. In Deutschland beteiligten sich etwa 5.000 Jugendliche im Alter von 15 Jahren aus rund 220 Schulen.



"Deutschland ist aufgestiegen, aus der Zweiten in die Erste Liga", kommentierte der Leiter des OECD Berlin Centre, Heino von Meyer, die Ergebnisse. Aber von der Champions League sei man noch weit entfernt. Nach wie vor trennten das deutsche Schulwesen im Bereich der Lesefähigkeit mit 497 Pisa-Punkten drei Punkte vom OECD-Mittelwert, der auf 500 Punkte festgesetzt wurde. Damit liegen deutsche Jungendliche in diesem Bereich etwa gleichauf mit ihren Altersgenossen in den USA, Schweden, Frankreich oder Großbritannien.



Der Untersuchung zufolge erzielen Mädchen bei der Lesefähigkeit bessere Leistungen als Jungen. Der Abstand von Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu den übrigen Jugendlichen habe sich in diesem Segment nicht vergrößert, sondern eher verringert, so von Meyer. "Wir haben also ein größeres Jungen- als ein Migrantenproblem, sagte der Bildungsexperte. Trotzdem komme es auch in Zukunft darauf an, "Integration statt Ausgrenzung" in den Schulen voranzutreiben.



Nach Ansicht des Chefs der PISA-Studie, Andreas Schleicher, muss die Auswahl der Lehrer in Deutschland verbessert werden. "Man muss versuchen, die besten Köpfe für die Schulen zu gewinnen. Länder wie Finnland machen das recht erfolgreich vor", sagte der OECD-Bildungs- und Statistikexperte der "Frankfurter Rundschau" (Dienstagausgabe).



Schleicher kritisierte derweil, in Deutschland folge der Lehrerberuf oft noch dem Modell des Industriearbeiters. "Irgendjemand entwirft einen Lehrplan und der Pädagoge sitzt in seiner Klasse und soll das dann umsetzen", sagte er.



Fortschritte bei der Qualität der Ausbildung

Fortschritte sieht Schleicher bei der Qualität der Ausbildung. Sie sei praxisorientierter als früher. Insgesamt habe der PISA-Test in Deutschland seit dem Start der ersten Runde im Jahr 2000 viel bewegt. Als Beispiele nannte er die frühkindliche Bildung und die Förderung von Schülern mit Migrationshintergrund. Positiv sei auch die Entwicklung von der Drei- zur Zweigliedrigkeit in manchen Bundesländern. "Die Zusammenlegung von Haupt- und Realschulen ist ein entscheidender Schritt, um Bildungsbarrieren abzubauen", sagte Schleicher. Das werde sich langfristig auch in den Resultaten des internationalen PISA-Tests niederschlagen.



Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Ludwig Spaenle (CSU), sagte im Bayerischen Rundfunk, insgesamt scheine sich Deutschland in allen Feldern bewegt zu haben. Spaenle unterstützte die Forderung, die Auswahl von Lehrern zu verbessern. Lehrer seien "die zentralen Persönlichkeiten im Bildungsgeschehen". Im ARD-"Morgenmagazin" sagte der CSU-Politiker, nach der Präsentation der Studie müsse analysiert werden, wo Handlungsaufgaben seien. Es gebe "Licht und Schatten". Es sei kein Geheimnis, dass die soziale Herkunft in Deutschland immer noch zu stark das Bildungsergebnis junger Menschen beeinflusse, fügte er hinzu. Dem müsse man sich in besonderer Weise widmen.