Kölner Generalvikar Schwaderlapp zur Kondomdebatte

"Ich erwarte ein lehramtliches Schreiben"

"Papst erlaubt Kondome!", titelte die Welt. "Papst lockert Kondom-Verbot" zog die Süddeutsche nach, "Saver Sex für Stricher" überschrieb die TAZ ihre Berichte und selbst der Berliner Kurier titelte "Papst gibt Gummi!" Die Äußerungen des Heiligen Vaters zur Sexualmoral sorgen immer noch für Diskussionen und Verwirrung. Im Interview mit domradio.de präzisiert Generalvikar Dr. Dominik Schwaderlapp die Haltung der katholischen Kirche in der K-Frage.

Generalvikar Dr. Dominik Schwaderlapp: Will Vertrauen wiedergewinnen / © EBK (Erzbistum Köln)
Generalvikar Dr. Dominik Schwaderlapp: Will Vertrauen wiedergewinnen / © EBK ( Erzbistum Köln )

domradio.de: Führen wir uns noch einmal die Aussage des Heiligen Vaters zur Nutzung von Kondomen vor Augen. Er sagte: "Die bloße Fixierung auf das Kondom bedeutet eine Banalisierung der Sexualität, und die ist ja gerade die gefährliche Quelle dafür, dass so viele Menschen in der Sexualität nicht mehr den Ausdruck ihrer Liebe finden, sondern nur noch eine Art von Droge, die sie sich selbst verabreichen. (...) Es mag begründete Einzelfälle geben, etwa wenn ein Prostituierter ein Kondom verwendet, wo dies ein erster Schritt zu einer Moralisierung sein kann, ein erstes Stück Verantwortung, um wieder ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass nicht alles gestattet ist und man nicht alles tun kann, was man will. Aber es ist nicht die eigentliche Art, dem Übel der HIV-Infektion beizukommen. Diese muss wirklich in der Vermenschlichung der Sexualität liegen."



Herr Generalvikar, wie bewerten Sie die Äußerung? Viele sprechen ja von einer Revolution, die da im Vatikan stattgefunden hat.

Schwaderlapp: Eine Revolution ist es ganz sicher nicht. Es ist eine sehr wichtige, sehr sensible Frage, ob in speziellen Situationen die Benutzung eines Kondoms erlaubt sein kann. Man muss die Frage in einen etwas größeren Horizont einordnen.



domradio.de: Vielleicht darf ich da noch einmal nachfragen: Bis dato haben die Päpste doch immer gesagt, sie hielten nichts von Kondomen und Kondome kämen generell nicht in Frage, in gar keinem Fall und es gäbe auch keine Ausnahmen.

Schwaderlapp: Worum geht es? Es geht ja nicht um ein isoliertes Kondomverbot, sondern es geht um die Frage der rechten Weitergabe des Lebens und den Sinn der Sexualität. Die menschliche Sexualität hat einen doppelten Sinn, der uns vom Schöpfer vorgegeben ist. Der eine Sinn ist die Mitteilung von Liebe. Die Partner schenken sich Liebe. Sexualität ist Medium der Mitteilung von Liebe. Aber damit untrennbar verbunden ist eben auch die Weitergabe des Lebens. Weitergabe des Lebens und Mitteilung von Liebe sind die beiden Dimensionen der Sexualität, die so untrennbar zusammengehören wie Leib und Seele.



Was geschieht nun bei der Empfängnisverhütung? Bei der Empfängnisverhütung werden diese beiden Dimensionen, Weitergabe des Lebens und Mitteilung von Liebe, künstlich voneinander getrennt. Die Künstlichkeit der Empfängnisverhütung besteht nicht darin, dass das Kondom aus Gummi ist, sondern in der künstlichen Trennung dieses Sinnzusammenhangs, der uns vom Schöpfer vorgegeben ist. Das heißt: Die Fruchtbarkeit wird in einer bestimmen Lebenssituation als störend empfunden, und sie wird negiert, sie wird mit technischen Mitteln ausgeschlossen. Ob mit Kondom, mit der sogenannten Pille oder anderen Mitteln. Wir haben ein ähnliches Problem z.B. auch, wenn die andere Dimension, die Mitteilung von Liebe, ausgeschlossen wird und nur noch die Fruchtbarkeit bleibt. Das geschieht in der künstlichen Befruchtung. Auch da wird der Sinnzusammenhang von liebender Vereinigung einerseits und Offenheit für das Leben andererseits künstlich getrennt. Die Ablehnung einer solchen Trennung ist Lehre der Kirche, die hat sich nicht verändert, auch nicht durch die Äußerungen des Papstes.



Um welchen Fall geht es nun hier? Der Papst nennt ja bewusst die Situation von Prostituierten. Bei der Prostitution, der sogenannten käuflichen Liebe, ist dieser Sinnzusammenhang von liebender Vereinigung und Offenheit für das Leben prinzipiell auseinander gerissen. Deshalb, so sagt der Papst ja auch, ist das weiterhin keine moralische Handlung. Worum es geht ist, dass aus dieser unmoralischen Handlung möglichst noch die schlimmsten Folgen abgemildert werden. Dass z.B. dann bei der Prostitution durch die Benutzung von Kondomen wenigstens die AIDS-Problematik etwas gedämpft wird. Wohlwissend, dass das nicht die Lösung ist. Das ist der Punkt, um den es dem Papst geht. Das heißt: Die Grundlage für die Lehre der Kirche, nämlich: Der Mensch hat nicht das Recht, Liebe und Weitergabe des Lebens als untrennbare Sinngehalte der Sinngehalte zu trennen - das bleibt weiterhin. Nur hier ist eben dieser Sinnzusammenhang von vorneherein nicht gegeben.



domradio.de: Wenn man sagt, man könne sich begründete Einzelfälle vorstellen, das sind dann die berühmten Ausnahmen ...

Schwaderlapp: Wenn ich da vielleicht noch einmal einhaken darf. Es geht hier nicht um Ausnahmen. Vielmehr fehlt die Grundlage für dieses Gebot, wenn man so will. Es ist nicht die Ausnahme eines in der Regel geltenden Gebots, sondern hier fehlt die Grundlage dafür, dass ein solches Gebot überhaupt greift. Beispiel: Es gibt Länder der Welt, wo Ordensschwestern leben, die sich regelmäßig der Gefahr der Vergewaltigung aussetzen. In diesen Fällen war immer schon die Überzeugung, dass diese prophylaktisch empfängnisverhütende Mittel genommen werden können, damit im Falle einer Vergewaltigung daraus kein Kind entsteht. Auch hier, in einem solchen Fall, wäre eben der Zusammenhang liebende Vereinigung und Fruchtbarkeit ohnehin schon getrennt und es geht darum eine Folge zu mildern.



domradio.de: Ich frage noch einmal nach den begründeten Ausnahmefällen, die ja der Heilige Vater ins Feld geführt hat und die jetzt überall diskutiert werden - bei uns im domradio hat z.B. der Moraltheologe Prof. Schockenhoff gesagt, das müsse nicht nur für Prostituierte gelten, sondern z.B. auch für verheiratete Paare, bei denen einer der Partner AIDS habe.

Schwaderlapp: Auch hier geht es nicht um eine Ausnahme, sondern um etwas anderes. Nehmen wir ein anderes Beispiel, das häufig vorkommt. Die sogenannte Pille ist auch ein Medikament, das bei verschiedenen medizinischen Indikationen in der Frauenheilkunde eingesetzt wird. Als Nebenwirkung, die man in Kauf nimmt, bewirkt die Pille in der Zeit, in der sie für diese heilende Wirkung genommen wird eben, dass die Frau unfruchtbar ist. Und wenn ich das übertrage auf den von Ihnen erwähnten Fall: Wir haben ein verheiratetes Ehepaar, der Mann ist AIDS-krank, dann wird das Kondom in diesem Fall verwendet, um die Übertragung einer Krankheit zu verhindern. Die empfängnisverhütende Wirkung ist hier eine Nebenwirkung, die nicht beabsichtigt ist, die nicht gewollt ist. Ziel der Handlung ist der Schutz vor der Übertragung einer Krankheit. Das ist eine andere Handlung, als wenn ich empfängnisverhütende Mittel nehme, um die Fruchtbarkeit auszuschließen.



domradio.de: Interpretiere ich Sie da richtig: Wenn z.B. Ehepartner sagen, ich könnte Dich infizieren, deshalb nehme ich ein Kondom, dann wäre es erlaubt?

Schwaderlapp: Der Papst hat sich dazu noch nicht geäußert. Aber in meinen Augen wäre das auch ein denkbarer Fall, denn auch hier handelt es sich nicht um Empfängnisverhütung, sondern um Ansteckungsverhinderung mit Unfruchtbarkeit als Nebenfolge. Das ist zumindest meine derzeitige Einschätzung.



domradio.de: Das gilt aber nicht nur für die AIDS-Infizierung?

Schwaderlapp: Für welchen Fall sonst noch?



domradio.de: Bei anderen Geschlechtskrankheiten, die den Partner bedrohen.

Schwaderlapp: Da müsste klargestellt sein, dass das Kondom dafür einen wirklichen Schutz bietet. Bisher konzentriert sich die Thematik auf AIDS, ich bin aber kein Mediziner, um das zu beurteilen. Denn bei AIDS bieten Kondome nach herrschender Meinung tatsächlichen Schutz vor Übertragung. Ich kann nicht beurteilen, ob sich dadurch andere Krankheiten auch verhindern lassen.



domradio.de: Ich frage noch einmal nach: Wenn ich mir die Passagen des Interviews mit Peter Seewald vornehme, da sagt Benedikt XVI. im Bezug auf Kondome und Prostituierte, dass das etwas wie ein erster Schritt zu einer Moralisierung sein kann. Das ist ja eine ganz neue Wendung, es wird ja hier nicht mit etwas gedroht, sondern man sagt, es ist durchaus eine Möglichkeit, wieder mit sich ins Reine zu kommen, wenn man so etwas nutzt.

Schwaderlapp: Gemeint ist es in dem Sinne, dass jemand, der z.B. zu einer Prostituierten geht, sich wenigstens schon einmal Gedanken macht, dass er dadurch eben Krankheiten übertragen und anderen Menschen den Tod bringen kann, dann ist dieser Gedanke ja schon einmal mehr, als nur an die eigene Befriedigung zu denken. Das kann in dem Sinne tatsächlich ein erster Schritt sein. Der Papst sagt ja auch, das ist deshalb noch kein moralisches Handeln. Es ist nur vielleicht ein erstes Wachwerden: Hallo, bei dem was ich tue, dabei geht es nicht nur um meine eigene Befriedigung, hier geht es auch um andere Menschen. Den Punkt dürfen wir bitte nicht aus den Augen verlieren: Das eigentliche Problem, das dahinter steht, ist diese Promiskuität, d.h. dass die Geschlechtlichkeit von der Liebe getrennt wird. Dass eben der Partner bzw. die Partnerin als Mittel der eigenen Befriedigung missbraucht wird und es nicht um die Mitteilung von Leben und Liebe geht, was ja der Sinn der Sexualität ist. Meine Sorge ist, dass wir uns jetzt in unserer typisch deutschen Manier auf diese Frage fokussieren - Kondom ja oder nein, in welchen Situationen ja oder nein -und vergessen, das was der Papst damit eben auch sagen will: Das könnte nur ein erster Schritt zu einer Moralisierung sein, die damit noch längst nicht gegeben ist. Und das Problem AIDS ist damit weiß Gott noch nicht gelöst.



domradio.de: Das sicherlich nicht. Aber Sie sprechen da ein großes Problem an: die Medienarbeit des Vatikans. Dadurch, dass das so überraschend für viele Geistliche und Diözesen kam, stand in allen Schlagzeilen weltweit: Papst lockert Kondomverbot, Verbot nur noch mit Ausnahmen. Der Berliner Kurier titelte: Papst gibt Gummi. Und viele, die wir vom domradio auf der Domplatte gefragt haben, haben auch quasi nur diese Überschriften wahrgenommen.

Schwaderlapp: Das ist ein Problem unserer Zeit, dass es uns immer schwerer fällt, präzise hinzuhören und zu differenzieren und den einen Fall vom anderen zu unterscheiden. Es wird dann plakativ alles in einen Topf geworfen. Das macht das Ganze schwierig. Wir leben in einem Medienzeitalter, in dem man innerhalb von wenigen Sekunden sehr komplexe Wahrheiten formulieren muss. Und da ist die Gefahr der Verwirrung sehr groß. Das ist bedauerlich und wir müssen alles daran tun, möglichst umfassend das, was der Papst gesagt hat, in den großen Zusammenhang zu stellen, den er selbstverständlich voraussetzt und der wichtig ist, um seine Äußerungen zu verstehen.



domradio.de: Glauben Sie, dass sich diese Äußerungen in den Köpfen festsetzen? Der Papst gibt Kondome frei, von den Ausnahmen ist da vielfach gar nicht mehr die Rede. Kann man da noch gegensteuern?

Schwaderlapp: Das denke ich schon. Mit viel Geduld und Argumentation müssen wir das tun. Das sehe ich als unsere Aufgabe an.



domradio.de: Dazu versuchen wir hier auch ein bisschen beizutragen. Wir haben versucht, das in den größeren Kontext einzubauen. Ich habe von heute noch eine Äußerung von Bischof Klaus Küng aus St. Pölten vorliegen, der versucht den Papst zu erklären. Der hat gesagt: Personen, die nicht absolut empfänglich sind für die Aufforderung zur Verantwortung der ehelichen Treue und Enthaltsamkeit, bei denen könne es auch Situationen geben, in denen es besser ist, zur Vermeidung von Ansteckung Kondome zu verwenden. Der Bischof ist da also auch auf Ihrer Linie?

Schwaderlapp: Ja, wir müssen nur Acht geben, dass das jetzt nicht in Richtung Freibrief geht für alle Situationen, die man sich denken kann. Ich glaube, wir meinen in diesem Punkt dasselbe. In der Prostitution besteht ein klarer Bruch des Zusammenhangs zwischen liebender Vereinigung und Fruchtbarkeit, weil er von vorneherein zerrissen ist. Aber das ist wirklich eine Ausnahmesituation. Wir müssen alles daran setzen, die Menschen zu sensibilisieren für die Bedeutung, für den hohen Wert der eigenen Sexualität, und was sie im Gefüge des Menschen und der Liebesbeziehungen von Menschen für eine Bedeutung hat. Das scheint mir wichtig zu sein. Und ich glaube auch, dass wir da eigentlich ganz gute Karten haben, dass in diesen Fragen die Menschen unsere besten Verbündeten sind, denn die Sehnsucht nach wirklicher Liebe und Geborgenheit und Nicht-Ausgenutzt-werden, sich wirklich zu verschenken und wirklich angenommen zu wissen, die ist im Menschen ganz tief drin und keineswegs geringer geworden. Und wenn wir die wecken und freilegen, diese Sehnsucht, die im Menschen ist, dann wird auch Verständnis dafür wachsen, dass weder Kondom noch Pille die Lösung sind, sondern ein Umgang mit der Sexualität, der eben die Sinngehalte Fruchtbarkeit und Liebe beachtet und dementsprechend das eigene Leben einrichtet.



domradio.de: Da sind Sie dann ganz bei Kardinal Marx, der gesagt hat: Die katholische Kirche ist die letzte Institution, die noch die romantische Liebe aufrecht vertritt in allen Formen, die das bedingt. Trotzdem müssen wir doch, wenn wir in die Gesellschaft, nicht nur die breite Gesellschaft, sondern auch bei den Christen, bei den Katholiken hineinschauen, feststellen, dass die gerade in Sachen Empfängnisverhütung vielfach ihre Schwierigkeiten mit der Lehre haben. Und wenn jetzt der Papst kommt und diese Ausnahmen für Prostituierte postuliert, müssen dann nicht Ehepaare sagen: Warum jetzt wieder nur da?

Schwaderlapp: Ja, weil - wie ich ja versucht habe, deutlich zu machen: Man darf ja nun weiß Gott nicht das Verhalten von Prostituierten mit dem Verhalten von Eheleuten irgendwie vergleichen. Sondern Eheleute sagen schon von der Basis ihres Eheversprechens her JA zu diesem Sinnzusammenhang. Und wir müssen ihnen helfen, dieses JA zur Fruchtbarkeit, JA auch zur Liebe leben zu können. Es gibt ja nicht entweder Empfängnisverhütung mit Kondom oder Pille auf der einen Seite oder nichts auf der anderen Seite, sondern es gibt eben den Weg der natürlichen Empfängnisregelung, der eben ein Weg ist, ganzheitlich mit der Sexualität umzugehen, JA zu ihr zu sagen in ihren beiden Dimensionen und dennoch die Zahl der Kinder zu regulieren.



domradio.de: Natürlich wollte ich Ehepaare nicht mit Prostituierten vergleichen, wenn aber der Krankheitszustand ein ähnlicher ist, wenn ein Ehepartner AIDS-infiziert ist, das wäre dann für Sie auch eine Ausnahme? Und vergleichbar vielleicht noch der ein oder andere weitere Fall. Oder würden Sie wirklich sagen, das gilt nur für das Prostituiertenmilieu?

Schwaderlapp: Wie ich eben sagte: Das gilt natürlich auch in diesem Fall, das wäre für mich zumindest ein Gedanke, den man noch näher untersuchen müsste, aber wo es mir zu gelten scheint. Weil in beiden Fälle das Kondom eben kein Mittel der Empfängnisverhütung ist, das ist das Entscheidende. Es geht mir nicht um eine Ausnahme, sondern hier ist in beiden Fällen die Nebenwirkung, dass kein Kind entstehen kann. Aber der Grund, weshalb es benutzt wird, ist in beiden Fällen: Man möchte keine Krankheit übertragen. Und wenn jemand ein Medikament nehmen muss, das die Fruchtbarkeit verhindert, aber für ihn oder sie lebenswichtig ist, dann ist das kein empfängnisverhütender Akt, sondern ein heilender Akt, der das als Nebenwirkung hat. Wenn jemand ein anderes Medikament nimmt, z.B. sein Leben lang nehmen muss, um seinen Blutdruck zu senken oder den Cholesterinwert zu senken, und es hat eine Nebenwirkung, die auch schädlich ist, dann nimmt man diese schädliche Nebenwirkung um der Hauptwirkung willen in Kauf. Und so ist es hier mit dem Kondom zu sehen.



domradio.de: Das wäre die Sichtweise des geringeren Übels, wohingegen der Heilige Vater gesagt hat, es kann durchaus auch eine Form sein, um moralisch wieder ins Reine zu kommen.

Schwaderlapp: Was der Heilige Vater dazu sagt, betrachtet das Ganze noch einmal von einer anderen Warte: Wer schon einmal soweit ist und zu einer Prostituierten geht, wenn der sich Gedanken macht über das, was er tut, dass es nicht nur um ihn geht, sondern dass er damit anderen schaden kann, dann ist das ein erster Schritt aus dem Zirkel des eigenen Egoismus herauszukommen. Und wenn dieser erste Schritt erst einmal getan ist, dann kann das zu weiteren Schritten führen in der Hoffnung, dass er nicht mehr zu Prostituierten geht, sondern die eheliche Treue und Enthaltsamkeit lebt und die Sexualität in ihrer Ganzheitlichkeit entdeckt.



domradio.de: Vielleicht müssen wir, da wir so intensiv in die Thematik eingestiegen sind, noch einmal die Rolle des Papstes hierbei klären: Das ist ja im Grunde kein päpstliches Lehrschreiben, was hier vorliegt. Es ist erstmalig, dass der Heilige Vater die Form eines solchen Interviewbuchs gewählt hat. Man hätte sich so was vielleicht auch in Form eines Lehrschreibens vorstellen können. Denken Sie, dass so ein Lehrschreiben demnächst noch aus Rom kommt, dass die Gremien so was veröffentlichen? Oder ist das hier die Privatmeinung des Heiligen Vaters?

Schwaderlapp: Ich kann das nicht beurteilen, ich bin da kein Experte. Nur ich kann mir sehr gut vorstellen, eigentlich erwarte ich das auch, dass es zu dieser sehr sensiblen lehramtlichen Frage auch noch ein offizielles päpstliches Dokument geben wird, ob nun vom Papst selbst oder von der Glaubenskongregation. Hier geht es auch um eine lehramtliche Frage oder um die Auslegung einer Lehre.



domradio.de: Dann war dies ein erster Versuch, ein wenig Klarheit zu bekommen. Herzlichen Dank, Herr Generalvikar.



Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.