Schweizer Referendum in der Kritik - auch Kirchen lehnen Initiative ab

Ein "schwarzer Tag"

Nach dem Schweizer Referendum über die Ausweisung straffällig gewordener Ausländer spricht die Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht von einem "schwarzen Tag" für die Schweiz. Im Interview mit domradio.de fürchtet Geschäftsleiterin Claudia Dubacher um den Ruf ihres Heimatlandes. Die Kirchen hatten sich klar gegen die Initiative gewendet.

 (DR)

Für den Ruf der Schweiz gelte, so Dubacher am Montag (29.11.2010), "von allen guten Geistern verlassen". Die Initiative führe zwar einen Deliktkatalog auf, dieser aber sei sehr inkonsistent ist. "Er beginnt mit Mord, Vergewaltigung und endet bei Diebstahl und Sozialhilfemissbrauch. Das Verbrechen der schweren Körperverletzung hingegen ist nicht aufgenommen."  Das sei sehr willkürlich, die verschiedenen Taten würden in einen Topf geworfen. "Wer einen Mord begeht, wird gewissermaßen im selben Maß bestraft, wie jemand, der einen Ladendiebstahl begeht."



Unterdessen hat in der Schweiz das politische Ringen um die Umsetzung begonnen. Die rechtsnationale Schweizerische Volkspartei (SVP) forderte, das Parlament müsse "rasch und kompromisslos" die entsprechenden Gesetze verabschieden. Die anderen Parteien warnten vor rechtlichen Problemen bei der automatischen Ausweisung ausländischer Krimineller.



Arbeitsgruppe soll kommen

52,9 Prozent der Wähler hatten am Sonntag die "Ausschaffungsinitiative" angenommen. In Zukunft soll allen Ausländern automatisch das Aufenthaltsrecht entzogen werden, wenn sie wegen bestimmter schwerer Delikte wie Mord, Vergewaltigung und Drogenhandel verurteilt werden. Auch wer missbräuchlich Sozialhilfe bezieht, muss das Land verlassen.



Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) hatte sich klar sowohl gegen die Initiative wie auch gegen den Gegenvorschlag des Parlaments gewendet. Die bischöfliche Nationalkommission Justitia et Pax, Kantonalkirchen und kirchliche Hilfswerke stellten sich eindeutig gegen die Initiative.



EU-Kommission will Schweizer Ausweisungesetze prüfen

Die EU-Kommission will prüfen, wie die Schweizer Regierung die per Volksabstimmung verlangte Ausweisung straffälliger Ausländer in nationales Recht umsetzen wird. "Wir vertrauen darauf, dass die Schweizer Regierung ihre internationalen Verpflichtungen einhält", sagte eine EU-Kommissionssprecherin.



Die Schweiz und die EU haben ein Abkommen über Freizügigkeit für Arbeitnehmer miteinander geschlossen. Allerdings sind danach Beschränkungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit möglich.