Straßburg verhandelt Sterbehilfefall

Einmal mehr das "Recht auf Sterben"

Immer wieder haben in den vergangenen Jahren prominente Einzelschicksale die Debatte um Sterbehilfe in Europa und den USA angefacht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verhandelt nun einen Fall aus Deutschland, bei dem es um das Recht auf Selbsttötung geht. Die Kirchenposition hier ist eindeutig.

 (DR)

In Straßburg geht es am Dienstag (23.11.2010) um die Klage eines Witwers, dessen Frau das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 2004 den Erwerb einer tödlichen Dosis eines Betäubungsmittels untersagt hatte. Die gelähmte und auf Pflege angewiesene Frau wollte damit ihr Leben beenden, wie der Gerichtshof in Straßburg mitteilte; aus diesem Grund versagte das Bundesinstitut die Genehmigung. Juristische Schritte gegen die Entscheidung blieben erfolglos.



Die Frau war seit einem Unfall 2002 vom Hals abwärts gelähmt; sie war auf künstliche Beatmung angewiesen und musste rund um die Uhr gepflegt werden. Im März 2005 setzte sie ihrem Leben mit Hilfe des Vereins Dignitas in der Schweiz ein Ende. Der Witwer versuchte weiter erfolglos vor deutschen Gerichten, die Entscheidung des Bundesinstituts anzufechten. Auch das Bundesverfassungsgericht wies die Klage 2008 als unzulässig ab.



Vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof will der Kläger nun feststellen lassen, dass Deutschland mit dem Verbot des Betäubungsmittelerwerbs gegen das Recht auf Privat- und Familienleben verstoßen habe. Insbesondere das Recht auf einen würdigen Tod sei verletzt worden.



Ein Urteil des Menschenrechtsgerichts ist erst in einigen Monaten zu erwarten. In früheren Fällen hatten die Richter ein Recht auf Selbstmord bestritten. So urteilten die Richter im April 2002 im Fall der Britin Diane Pretty, Staaten könnten nicht verpflichtet werden, Sterbehilfe zuzulassen. Ein "Recht auf Sterben" lasse sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht ableiten.



Kirche verurteilt Sterbehilfe

Eben in Großbritannien hatte Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch im September Sterbehilfe erneut scharf verurteilt. In einem Seniorenheim mahnte er, das Leben "in jedem Stadium von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod" als Geschenk zu achten. "Es steht Gott allein zu, es zu geben oder zu nehmen."



In Großbritannien steht jede Form von Sterbehilfe unter Strafe. An den vorangegangenen Tagen hatte der Papst dennoch unter Anspielung auf das britische Demokratieverständnis beklagt, moralische Prinzipien wie der Lebensschutz seien in Gefahr, wenn sie allein von der Zustimmung der Mehrheit abhängig seien.



Der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner sagte zuletzt zu dem Thema, es sei "dringend notwendig, dass die Kirche sich zu Wort meldet und für eine uneingeschränkte Achtung der Würde des sterbenden Menschen eintritt."