Katholiken-Präsident warnt vor Polarisierung der Gesellschaft

Herbstvollversammlung in Bonn

Vor wachsenden sozialen und kulturellen Spannungen in Deutschland warnt der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück. In seiner Eröffnungsrede der Herbstvollversammlung des Katholikenkomitees beklagte der CSU-Politiker am Freitag in Bonn "von Nervosität" geprägte Debatten um Islam, Atomenergie und Bahnprojekte.

 (DR)

Glück forderte am Morgen eine verstärkte Teilhabe der Bürger bei großen Zukunftsprojekten. Gleichzeitig müssten aber der Rechtsstaat und seine Institutionen gestärkt werden.



In der Debatte um die Energiepolitik hielt der ZdK-Präsident der Bundesregierung vor, die Chance auf ein "Gegensätze überbrückendes Gesamtkonzept" verspielt zu haben. Die Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken sei vorab entschieden und nicht mit einem nachvollziehbaren Energiekonzept verbunden worden. "Das führte zu einem kommunikativen Desaster", so Glück. Er appellierte zugleich an die Kernkraftkritiker, den unpopulären Ausbau der Leitungsnetze zu unterstützen. Das sei Voraussetzung für die angestrebte Energiewende.



Mit Blick auf den Streit um Integration und das Sarrazinbuch beklagte der 70-Jährige eine undifferenzierte, häufig von Vorurteilen bestimmte Diskussion, die mehr Schaden angerichtet als Aufklärung erreicht habe. "Es wurden Ängste und Vorbehalte genährt.

Wichtiger wäre gewesen, Vertrauen zu stiften und beiderseitige Integrationsbereitschaft zu fördern." Alle Zuwanderer, auch die Muslime, hätten Anspruch auf Respekt und Fairness. Zugleich wies der ZdK-Präsident darauf hin, dass Deutschland kein Problem ungezügelter Einwanderung habe. "Statistisch sind wir eher auf dem Weg zum Auswanderungsland."



In der Debatte um die Zukunft des Sozialstaats lobte der CSU-Politiker die von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) vorgeschlagene Familienpflegezeit. Zwar werde dabei kein zusätzliches Geld verteilt. Pflegenden Angehörigen solle aber durch eine rechtlich abgesicherte Verringerung der Arbeitszeit mehr Zeit verschafft werden, sich um Hilfsbedürftige zu kümmern. Glück räumte ein, dass eine Pflegezeit von zwei Jahren möglicherweise nicht ausreichend sei. Dennoch gerate durch diese Initiative "etwas in Bewegung. Arbeitnehmer wie Arbeitgeber werden stärker in die gesellschaftliche Verantwortung gerufen".



Themen in Bonn

Die Zukunft der katholischen Kirche nach dem Missbrauchsskandal steht heute im Mittelpunkt der Herbstvollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) in Bonn.



Dabei wollen die 220 Delegierten über die ersten Schritte des bundesweiten Dialogprozesses debattieren, die Vertreter des ZdK und der Bischofskonferenz Anfang November vereinbart hatten. Zugleich will das Laiengremium über die eigene Rolle und die Aufgaben der Laien in der Kirche beraten.



Außerdem befassen sich die Delegierten mit der Welternährungssituation. Verabschieden wollen sie eine Entschließung, die insbesondere die Spekulationen mit Nahrungsmitteln verurteilt. Als Gastredner ist der Schweizer Buchautor und Vizepräsident des Beratenden Ausschusses des UNO-Menschenrechtsrates, Jean Ziegler, eingeladen. Er wird zum Thema "Das tägliche Massaker des Hungers" reden.



Befassen wird sich die Vollversammlung auch mit der erneut aufgeflammten Debatte über Gentests an Embryonen. Dazu will der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese einen Antrag für ein generelles Verbot der Präimplantationsdiagnostik (PID) einbringen.