Erzbischöfe Zollitsch und Duka betonen in Prag Versöhnung der Völker

Mehr als Wirtschaft und Lobby

Die Vorsitzenden der Deutschen und der Tschechischen Bischofskonferenz, die Erzbischöfe Robert Zollitsch und Dominik Duka, haben in Prag einer Versöhnungsinitiative der Bischöfe aus der damaligen Tschechoslowakei und Deutschland im Jahr 1990 gedacht. Am Morgen hatten die beiden in der Wenzelskapelle des Veitsdoms gemeinsam eine Messe gefeiert.

Freundschaftlich: Erzbischöfe Zollitsch und Duka (KNA)
Freundschaftlich: Erzbischöfe Zollitsch und Duka / ( KNA )

Erzbischof Robert Zollitsch hat dazu aufgerufen, beim gemeinsamen Europa nicht allein auf ökonomische Aspekte zu schauen. Europa müsse mehr sein "als ein gemeinsamer Wirtschaftsraum, mehr auch als ein Staatenbund zur Wahrung gemeinsamer Interessen in einer immer enger zusammenrückenden Welt", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Donnerstag in Prag. Sonst werde der Kontinent seinen Zusammenhalt nicht wahren können.



An der Moldau erinnerte Zollitsch mit seinem tschechischen Amtskollegen, dem Prager Erzbischof Dominik Duka, bei einem Festakt an die Versöhnungsinitiative der deutschen und tschechoslowakischen Bischöfe vor 20 Jahren. Beide riefen die Christen dazu auf, sich über die Landesgrenzen hinaus für Versöhnung zu engagieren. So trügen sie zur "Familie des vereinten Europa" bei, sagte Duka. Die Kirchen sollten von der Botschaft des Evangeliums her den christlichen Weg als Lebensalternative aufzeigen, gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus sowie für die Solidarität mit Leidenden und sozial Benachteiligten eintreten.



Deutsche Taten nicht ausblenden

Entschieden warnte Zollitsch davor, bei der Erinnerung an die deutschen Opfer während der Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg den deutschen Vernichtungskrieg im Osten Europas und die dabei praktizierte Versklavungspolitik auszublenden. Zentrale Aufgabe der Deutschen sei es, "den beispiellosen Zivilisationsbruch des Nationalsozialismus vor dem Vergessen oder einer verblassenden Erinnerung zu bewahren". Sonst müsste auch die Erinnerung an die deutschen Opfer "den geschichtlichen Zusammenhang verfehlen".



Zollitsch selbst, dessen Familie aus dem früheren Jugoslawien in die Bundesrepublik kam, erlebte als Heranwachsender die Ermordung seines Bruders mit. Nachdrücklich würdigten beide Erzbischöfe das Wirken der Ackermann-Gemeinde, der 1946 gegründeten Vereinigung der sudetendeutschen Katholiken. Sie habe beispielsweise großen Anteil daran, dass die Erinnerung an Wallfahrtsstätten in der Zeit des Kommunismus lebendig geblieben und diese nach 1990 wieder belebt worden seien, so Zollitsch. Duka erinnerte daran, dass die Ackermann-Gemeinde in der Zeit des Kommunismus maßgebliche Kontakte zum tschechischen Exil und zu Dissidenten gehalten und der "verfolgten tschechischen Kirche" umfassend geholfen habe.



Erzbischof Duka rief die Christen bei der Feier auf, sich über die Landesgrenzen hinaus für Versöhnung zu engagieren. So trügen sie zur "Familie des vereinten Europa" bei, so Duka. Die Kirchen sollten von der Botschaft des Evangeliums her den christlichen Weg als Lebensalternative aufzeigen, gegen Rassismus sowie für die Solidarität mit Leidenden eintreten.



Nachdrücklich würdigten beide Erzbischöfe das Wirken der Ackermann-Gemeinde, der 1946 gegründeten Vereinigung der sudetendeutschen Katholiken. Duka erinnerte daran, dass die Ackermann-Gemeinde während des Kommunismus maßgebliche Kontakte zu Dissidenten gehalten und der "verfolgten tschechischen Kirche" umfassend geholfen habe.



Außenminister: Versöhnung der Bischöfe war bahnbrechend

Der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg sieht die Versöhnungsinitiative der deutschen und tschechoslowakischen Bischöfen 1990 als "bahnbrechend" für die Beziehungen beider Länder. Die Bischofskonferenzen beider Länder hätten damit für einen Durchbruch gesorgt und mit einem "einmaligen Fortschritt" weit über die Kirchen hinaus Spuren hinterlassen, sagte Schwarzenberg bei dem einem Festakt.



Schwarzenberg rief die Christen zu "mehr Mut" auf, ihren Glauben in der Gesellschaft zu zeigen. Die Glaubwürdigkeit der Kirche habe in den vergangenen Jahren gelitten. Umso wichtiger sei es, öffentlich und nicht nur hinter verschlossenen Türen für den Glauben einzutreten. Es sei nicht nur Sache der Priester, sondern aller Katholiken, "den Glauben in unseren Ländern zu verteidigen". Weiter meinte der Minister in der auf Tschechisch und Deutsch gehaltenen Rede: "Wir werden viel mehr Mut beweisen müssen. Wir sind verflixt leise geworden."



Der Bundesvorsitzende der katholischen Ackermann-Gemeinde und Europaabgeordnete Martin Kastler (CSU) sprach in Prag von einem Treffen mit "historischer Dimension". Der Briefwechsel, an den erinnert werde, stehe für den "Beginn einer neuen Ära unserer Nachbarschaft nach Mauerfall und Samtener Revolution". Zugleich zog er eine positive Bilanz. Versöhnung zwischen Deutschland und Tschechien werde gelebt und auf vielfältigste Weise über Grenzen und alte Gräben hinweg gestaltet.



Gebet am Grab Kardinal Tomaseks

Am Morgen hatten die beiden Bischofskonferenz-Vorsitzenden in der Wenzelskapelle des Veitsdoms, einer der wichtigsten Traditionsorte des tschechischen Volkes, eine Messe gefeiert und im Anschluss am Grab von Kardinal Frantisek Tomasek (1899-1992) gebetet. Der damals hochbetagte Prager Erzbischof hatte am 11. Januar 1990, wenige Tage nach einer Verurteilung der Vertreibung durch den neu gewählten tschechischen Präsidenten Vaclav Havel, eine Erklärung zur Versöhnung der Völker der damaligen Tschechoslowakei und Deutschlands sowie zur Verantwortung für die Zukunft Europas veröffentlicht.



Die deutschen Bischöfe erinnerten daraufhin am 8. März 1990 "mit Scham" an Unrecht und Gräueltaten der Nationalsozialisten in der Tschechoslowakei. Die tschechischen und slowakischen Bischöfe betonten am 5. September 1990 ihrerseits Bedauern "über die Vertreibung der Deutschen aus ihrer Heimat, wobei das ungerechte Prinzip der Kollektivstrafe angewandt" worden sei.