Die Aussöhnung deutscher und tschechoslowakischer Bischöfe

"Bereuen der eigenen Schuld"

Am Donnerstag gedenken die Vorsitzenden der Deutschen und der Tschechischen Bischofskonferenz, die Erzbischöfe Robert Zollitsch und Dominik Duka, einer Versöhnungsinitiative der Bischöfe aus der damaligen Tschechoslowakei und Deutschland im Jahr 1990. Zwei Briefen der Bischöfe beider Länder ging damals eine Erklärung des Prager Kardinals Frantisek Tomasek (1899-1992) voraus. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) dokumentiert im Folgenden Kernsätze aus dieser Erklärung des Kardinals sowie aus den Briefen der Bischöfe.

 (DR)

1.) Aus der Erklärung des Prager Erzbischofs Kardinal Tomasek vom 11. Januar 1990:



"(...) Zunächst will ich volles Verständnis bekunden für unsere tiefe Trauer und Erbitterung über die mehr als sechs Jahre grausamer Unterdrückung mit vielen Todesopfern und der existenziellen Bedrohung des Volkes (...). Das tschechische Volk erwartet mit Recht für all das eine Entschuldigung von offiziellen Sprechern des deutschen Volkes, auch wenn die Nachfolgestaaten daran keinen Anteil hatten.



Die Gerechtigkeit erfordert jedoch, dass wir Tschechen nicht den anhaltenden Schmerz der ehemaligen Mitbürger und ihrer Kinder unterschätzen. Viele dieser drei Millionen konnten in Ruhe weggehen, aber viele machten Misshandlung, ja Tyrannisierung durch, die nicht alle überlebten. (...)



Es ist wahr, dass die Vollstrecker dieser Rache eher zweifelhafte Glieder des tschechischen Volkes waren (...). Dennoch bleiben diese rechtswidrigen und unmenschlichen Taten ein Schandfleck auf unserer nationalen Ehre. Dieser lässt sich nicht durch Verschweigen oder den Hinweis auf das uns zugefügte Unrecht tilgen, sondern nur durch ein objektives Bekenntnis zur ganzen Wahrheit und durch das Bereuen der eigenen Schuld. (...)"



2.) Aus dem Brief der deutschen Bischöfe an Kardinal Tomasek vom 8.

März 1990:



"(...)Die neugewonnene Freiheit lässt auch die Hoffnung wachsen, dass die zwischen Tschechen und Deutschen liegende Last der Vergangenheit gemeinsam abgetragen werden kann. (...)



Wir danken dem Staatspräsidenten der Tschechoslowakei und dem Erzbischof von Prag mit den tschechischen Katholiken für dieses befreiende Wort. Die Erwähnung der Schuld, die die Verantwortlichen für die Vertreibung der Deutschen auf sich luden, erinnert aber auch uns an die Untaten, die in deutschem Namen dem tschechischen Volk durch die Missachtung seines Selbstbestimmungsrechtes, durch die Bedrohung seiner nationalen Existenz und durch Unterdrückung während der Okkupation zugefügt wurden. (...)



Wir denken mit Scham an das Unrecht, das Tschechen durch die seit

1938 erzwungene und geplante Umsiedlung hinnehmen mussten. Wir trauern in gleicher Weise um jene Tschechen und Slowaken, die als Opfer der nationalsozialistischen Terrorherrschaft das Leben verloren, wie um die Opfer der Vertreibung. Wir wissen um das Versagen und die Schuld, die viele Deutsche dabei auf sich geladen haben. (...)



Zwischen unseren Völkern liegt heute noch die Hinterlassenschaft eines halben Jahrhunderts, das Unrecht und Leid, Misstrauen und Gleichgültigkeit zwischen den Menschen wachsen ließ. Dieses unselige Erbe beiseite zu räumen und die Herzen der Menschen für den gemeinsamen Bau an einem neuen Europa zu gewinnen, ist die Aufgabe der uns heute geschenkten geschichtlichen Stunde.(...)"



3.) aus dem Brief der Bischöfe der Katholischen Kirche in der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik an die deutschen Bischöfe vom 5. September 1990:



"(...) Ihre Worte befreien uns und öffnen den Weg, dass auch wir bei einem Rückblick auf alles, was geschehen ist, Bedauern zeigen über die Austreibung der Deutschen aus ihrer Heimat, wobei das ungerechte Prinzip der Kollektivstrafe angewandt wurde. Hierbei wurden schuldlose Menschen, unter ihnen viele Gläubige und eine Reihe von Priestern, betroffen.(...)



So wurden wir als Christen durch unser Schweigen mitschuldig an dem Racheakt gegenüber den Deutschen. In konkreten Fällen haben sich einige unserer Gläubigen damit identifiziert, ja sich auch direkt an dieser Tat des Hasses und der Lieblosigkeit beteiligt. Wir bekennen daher eine Mitschuld der Gläubigen und Repräsentanten der Kirche und erklären, dass wir alles zutiefst bereuen, was geschehen ist. (...)"