Bischof Ackermann feiert Ökumenegottesdienst an Buß- und Bettag

Leiden an Kirchentrennung nötig

Mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Trierer Konstantin-Basilika haben die Evangelische Kirche im Rheinland und das Bistum Trier am Mittwochabend den Buß- und Bettag begangen. Mit Blick auf die Beziehungen der katholischen und evangelischen Kirche sprach der Trierer Bischof Stephan Ackermann von der "Sünde der Trennung".

 (DR)

"Wir brauchen den wechselseitigen Dienst der Fürbitte, wir brauchen das Leiden an der Sünde der Trennung und wir brauchen das miteinander Tragen", sagte Ackermann. An der Feier unter dem Leitwort: "Es ist kein Ansehen der Person vor Gott" nahmen etwa 700 Gläubige teil.



Ackermann setzte sich in seiner Predigt mit dem Verständnis von Sünde auseinander, die er als Selbstverschlossenheit bezeichnete. "Sünde ist die Verweigerung, sich einem anderen zu verdanken." Daraus folgten Ungerechtigkeit und Selbstgerechtigkeit, sagte der Bischof. Gott habe das Ziel, den Menschen aus seiner Selbstverschlossenheit zu befreien.



Die ökumenischen Bußtags-Gottesdienste finden seit 1971 abwechselnd im Trierer Dom und in der evangelischen Konstantin-Basilika statt. Die Tradition blieb erhalten, als 1995 der protestantische Feiertag in allen Bundesländern außer Sachsen zur Finanzierung der Pflegeversicherung gestrichen wurde. Der diesjährige Gottesdienst war der erste, den Präses Schneider in seiner neuen Funktion als Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland gestaltete. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann predigte erstmals in der Konstantin-Basilika.



Appelle für mehr soziale Gerechtigkeit

"Die Spaltung in enorm reich und deutlich arm nimmt zu", warnte der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland, Renke Brahms, am Mittwoch. Einige Konzerne machten trotz Finanzkrise wieder enorme Gewinne. Auf der anderen Seite stünden die leeren Kassen der öffentlichen Hand, aus denen für jeden Hartz-IV-Empfänger nur fünf Euro mehr verteilt werden solle: "Welch ein Hohn."



Der Glaube, dass das Wachstum der Wirtschaft schon alles regeln werde, habe sich als Irrglaube erwiesen, sagte Brahms, der Schriftführer und damit leitender Theologe der Bremischen Evangelischen Kirche ist. "Auf dem Altar des Wachstums werden Lebensschicksale von Kindern und Familien am armen Ende der Gesellschaft geopfert." Es sei dringend Zeit für eine Umkehr. Das betreffe alle gesellschaftlichen Gruppen, vor allem die Stärkeren und ihre Verantwortung für das Ganze einer Gesellschaft.



Der badische evangelische Landesbischof Ulrich Fischer kritisierte die Abschaffung des Buß- und Bettages als gesetzlichen Feiertag. Dies offenbare das Missverständnis des Menschen, dass er selbst sich keinem letzten Urteil Gottes auszusetzen habe. Auf dem Weg in die "Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft", die auf Bußtage und Sonntage verzichte, gehe den Menschen die Puste aus.



Buß- und Bettag künftig am 9. November?

Der westfälische Präses Alfred Buß regte an, den Buß- und Bettag künftig jährlich am 9. November zu begehen. In der Geschichte habe der Bußtag immer mit gesellschaftlichem Handeln zu tun gehabt - "auch mit der Schuld, die eine Gemeinschaft auf sich lädt", sagte der leitende Theologe der viertgrößten deutschen Landeskirche dem epd in Bielefeld. Mit dem Datum 9. November verbänden sich ebenfalls "wichtige Ereignisse im Guten wie im Bösen", etwa die Reichspogromnacht 1938 und der Fall der Mauer 1989.



Buß begründet seinen Vorschlag auch mit einer Verringerung der Gedenktage in dieser Jahreszeit. Derzeit gebe es den Reformationstag am 31. Oktober, Allerheiligen am 1. November, dazu Allerseelen, den Volkstrauertag, den Totensonntag, den 9. November und den Buß- und Bettag. Die Zusammenlegung der beiden Letztgenannten würde die Zahl verringern.



Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, würdigte am Buß- und Bettag die Arbeit des Bundessozialgerichts in Kassel. Das Gericht stehe im Dienst einer Gerechtigkeit, die Gott für die Menschen wolle, sagte er in einer Andacht, die in Räumen des Bundessozialgerichts stattfand. Auf allem, was Nöte lindere und deren Ursachen beseitige, liege Gottes Segen, betonte Hein.



Es sei aber oft strittig, was gerecht und sozial sei, fügte Hein hinzu. Recht und Rechtsgemeinschaft hätten Voraussetzungen, die außerhalb ihrer selbst lägen. Das Recht brauche Begründungen und Orientierungen, an denen es sich ausrichten könne, um seinerseits zu orientieren. Ein Augenblick des Innehaltens, wie es der Buß- und Bettag gestatte, tue daher auch einem obersten Bundesgericht gut.



Am Buß- und Bettag laden die evangelischen Gemeinden zu Gottesdiensten, Konzerten und weiteren Veranstaltungen ein. Die Gläubigen fragen danach, wie sie ihr Leben entsprechend dem Evangelium zu gestalten haben. Versagen und Schuld sowie Versäumnisse und Fehlentscheidungen werden vor Gott zur Sprache gebracht. Durch diesen Akt der Befreiung soll zugleich Trost und Hoffnung vermittelt werden.



Der protestantische Buß- und Bettag, erstmals 1532 im mittelalterlichen Straßburg nachgewiesen, wurde 1995 zur Finanzierung der Pflegeversicherung in allen Bundesländern außer in Sachsen als gesetzlicher Feiertag ersatzlos gestrichen. Der Bußtag hat seinen festen Platz im kirchlichen Festkalender jedoch nicht verloren.