Bischofskonferenz weist Kritik an Staatsleistungen für Kirche zurück

"Kirchen entlasten den Staat"

Die Deutsche Bischofskonferenz hat den Vorwurf zurückgewiesen, die Kirchen in Deutschland genössen bei staatlichen Leistungen Privilegien. Der Pressesprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp, sprach in Bonn von einer gezielten "Kampagne" gegen die Kirchen.

 (DR)

Die Gelegenheit ist günstig: Bund, Länder und Gemeinden sitzen auf Schuldenbergen und stehen vor einschneidenden Sparmaßnahmen. Gleichzeitig weht den Kirchen durch den Missbrauchsskandal und die Säkularisierung in der öffentlichen Meinung ein scharfer Wind ins Gesicht. Schon im Sommer hatten insbesondere FDP-Politiker deshalb eine Diskussion über historisch bedingte Staatsleistungen entfacht. Am Montag forderte auch der neu gegründete Koordinierungsrat säkularer Organisationen (KORSO) die Streichung dieser Leistungen, die auf rund 460 Millionen Euro jährlich geschätzt werden.



Argumentationshilfe bekommt KORSO von einem gleichzeitig vorgestellten "Violettbuch Kirchenfinanzen". In ihm wirft der bekennende Atheist Carsten Frerk Katholiken und Protestanten vor, sie hätten vom Staat massive Privilegien ergattert und lebten zu einem hohen Anteil von staatlichen Geldern.



Nach Frerks Berechnungen erhalten die Kirchen jährlich rund 19 Milliarden Euro vom Staat, mehr als das Doppelte der eigenen Kirchensteuer. Allein für den Religionsunterricht habe der Staat

2009 rund 1,7 Milliarden Euro gezahlt, 3,9 Milliarden für die kirchlichen Kindergärten. Eingerechnet hat der Politologe auch, dass dem Staat rund 6 Milliarden jährlich an Einnahmen entgehen, weil er für den Service des Kirchensteuereinzugs zu wenig Geld nimmt, die Kirchensteuer als Sonderausgabe absetzbar und die Kirche von gewissen Steuerzahlungen befreit ist.



Von Etikettenschwindel spricht der Politologe, wenn er vorrechnet, dass die Kirchen ihre Werke Caritas und Diakonie nur mit zwei Prozent Eigenmitteln finanzierten, die entwicklungspolitische Arbeit des katholischen Hilfswerks Misereor nur mit fünf Prozent. Frerk, der beim Humanistischen Pressedienst und bei der Giordano Bruno Stiftung mitarbeitet, fordert eine klare Trennung zwischen Staat und Kirche. Es sei nicht einzusehen, dass auch Atheisten und Nicht-Christen kirchliche Tätigkeiten mitfinanzierten.



Die Deutsche Bischofskonferenz sprach am Montag von einer Kampagne. Auf ihrer Homepage hat sie deshalb ein umfangreiches Thesenpapier zum Thema Kirche und Geld veröffentlicht. "Die katholische Kirche finanziert sich ganz überwiegend aus der Kirchensteuer", heißt es darin. Weil der Staat aber auf Werteeinstellungen und Grundhaltungen seiner Bürger angewiesen sei, liege es in seinem Interesse, solche Kräfte zu stärken, die Überzeugungen und Wertebindungen vermitteln.



Dass die Kirchen Privilegien im finanziellen Bereich genössen, weist die Bischofskonferenz ebenso wie die evangelische Kirche zurück. Als "Körperschaften öffentlichen Rechts" seien die katholischen Bistümer ebenso wie Industrie- und Handelskammern, Gemeinden oder der Bund für Geistesfreiheit in Bayern von der Körperschafts- und Gewerbesteuer befreit. Dass der Staat die Kirchensteuer einzieht, bringe auch ihm finanzielle Vorteile und reduziere die Kosten der Finanzverwaltung, heißt es weiter. "Die Kirche zahlt dem Staat im Gegenzug zwischen zwei und vier Prozent des Steueraufkommens."



Auch beim Thema Subventionen weisen Bischofskonferenz und Caritasverband eine Privilegierung zurück: Viele soziale Dienstleistungen, etwa bei Kindertagesstätten oder Hilfen für Obdachlose, könnten nur mit Hilfe eines kirchlichen Eigenanteils durchgeführt werden. Zudem mobilisierten die Kirchen ehrenamtliche Arbeit und Spenden. "Diese Leistungen entlasten den Staat erheblich und stellen eine beachtliche Leistung der Gläubigen dar."



Was die von KORSO angeprangerten historisch bedingten Staatsleistungen angeht, haben beide Kirchen in den vergangenen Monaten Gesprächsbereitschaft signalisiert. "Darüber können wir gerne reden", sagte beispielsweise der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Nikolaus Schneider. Die Staatsleistungen seien aber keine Almosen. "Die Kirchen wurden faktisch enteignet." Deshalb dürften die Leistungen nicht einseitig gestrichen, sondern sie müssten abgelöst werden. "Sie sind gesetzlich und vertraglich geregelt. Sie einseitig ändern, geht nicht."