Die Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi im Porträt

Ikone der Demokratiebewegung

Insgesamt 15 der vergangenen 21 Jahre verbrachte Birmas Oppositionsführerin Suu Kyi entweder in Haft oder unter Hausarrest. Für ihre politische Überzeugung brachte sie viele persönliche Opfer. Dabei wurde sie eher zufälliger zur Kämpferin für Menschenrechte in ihrer Heimat.

Autor/in:
Nicola Glass
Birmas Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi (KNA)
Birmas Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi / ( KNA )

Freiheit ist für Suu Kyi ein seltenes Gut

Für jeden, der sie kennt, steht fest, was Aung San Suu Kyi nach ihrer Freilassung aus dem Hausarrest als erstes machen wird: Sie wird sich mit ihren Anhängern treffen und ihre politischen Aktivitäten wieder aufnehmen. Freiheit ist für die heute 65-jährige ein seltenes Gut. Sieben Jahre musste die Friedensnobelpreisträgerin warten, bis sie am Samstag entlassen wurde. Insgesamt hat Suu Kyi 15 der vergangenen 21 Jahre entweder in Haft oder unter Hausarrest verbracht.



Das letzte Mal war die Oppositionsführerin im Mai 2003 festgenommen worden. Suu Kyi war damals gerade ein Jahr wieder auf freiem Fuß. Mit Anhängern ihrer Partei, der "Nationalen Liga für Demokratie" (NLD), tourte sie durch den Norden Birmas. Tausende Menschen hatten ihren Autokonvoi bejubelt. Doch dann griffen juntatreue Schlägergruppen an. Es gab Tote und Verletzte, Suu Kyi wurde abgeführt. Bei den Angreifern handelte es sich unter anderem um Anhänger einer von den Militärs gegründeten Organisation, die kurz vor den Wahlen in diesem Jahr in die Junta-Partei USDP umgewandelt worden war.



Suu Kyi studierte in Oxford Philosophie, Politik und Wirtschaft

In das politische Geschehen geriet Suu Kyi, Tochter des 1947 ermordeten Unabhängigkeitshelden Aung San, eher zufällig. Zunächst verbrachte sie einen Teil ihrer Jugend in Indien, wo ihre Mutter Botschafterin war. Später studierte sie im englischen Oxford Philosophie, Politik und Wirtschaft. Mit ihrem Mann, dem britischen Tibetologen Michael Aris, bekam sie zwei Söhne und lebte einige Zeit in Bhutan.



1988: Studenten rufen in Birma zum Protest auf

Suu Kyi kehrte erst 1988 nach Birma zurück, um ihre kranke Mutter zu pflegen. In jenem Jahr hatten Studenten Massenproteste gegen das Regime initiiert. Suu Kyi, die im August 1988 ihre erste aufsehenerregende Rede hielt, wurde zur Ikone des Widerstands. Dann kam es innerhalb des Militärs zu einem Putsch, in dessen Folge eine neue Junta die Macht ergriff. Jene Militärs, die das Land in Myanmar umbenannten, ließen die Massenproteste blutig niederschlagen. Auch verboten sie jeglichen pro-demokratischen Protest. Trotzdem wurde im September 1988 die NLD mit Suu Kyi als Parteivorsitzender gegründet. Die Oppositionsführerin selbst wurde im Juli 1989 zum ersten Mal unter Hausarrest gestellt.



An den Parlamentswahlen 1990, welche die oppositionelle NLD mit rund 80 Prozent haushoch gewann, durfte Suu Kyi nicht teilnehmen. Den Wahlsieg erkannten die Militärs nie an. 1995 hoben sie den Hausarrest gegen Suu Kyi zwar auf, doch frei bewegen durfte sie sich nicht.

Zwischen 2000 und 2002 wurde sie erneut unter Hausarrest gestellt, dann wieder ab 2003. In 1991 wurde ihr der Friedensnobelpreis verliehen. Diesen nahm an ihrer Stelle ihr Sohn Alexander in Oslo entgegen.



Persönliche Opfer aus Angst vor Ausbürgerung

Für ihre politische Überzeugung brachte Suu Kyi viele persönliche Opfer: 1999 lehnte sie das Angebot der Junta ab, zu ihrem todkranken Mann nach England zu reisen. Sie fürchtete, die Militärs könnten sie ausbürgern. Michael Aris, dem die Junta zuvor mehrere Male die Einreise verweigert hatte, starb im März 1999. Ihren jüngsten Sohn Kim hat Suu Kyi vor zehn Jahren zum letzten Mal gesehen. Berichten zufolge bekam dieser jetzt ein Visum ausgestellt, um seine Mutter besuchen zu können.



Suu Kyis Politikstil war nicht unumstritten: Jahrelang hatte sie die vom Westen verhängten Sanktionen ebenso befürwortet wie einen touristischen Boykott. Aber weil Birmas Generäle in China, Indien und Ländern des südostasiatischen Staatenbundes Asean treue Verbündete haben, sahen sie bislang keinen Grund, das Land demokratisch zu öffnen. Im Jahr 2009 erfolgte eine Kehrtwende Suu Kyis. In einem Schreiben an Juntachef Than Shwe erklärte sie sich zur Kooperation mit dem Regime bereit, infolge derer die Sanktionen aufgehoben werden könnten.



Von den jüngsten Wahlen war Suu Kyi erneut ausgeschlossen. Dieses Mal hatte die NLD den als unfrei und unfair geltenden Urnengang boykottiert. Wie lange die Militärs, die sich bereits zu Wahlsiegern erklärten, Suu Kyi auf freiem Fuß lassen, ist abzuwarten. Die Oppositionspolitikerin hat angekündigt, sie wolle nach ihrer Entlassung mithelfen, die massiven Vorwürfe von Wahlbetrug zu untersuchen.